Der Kampf um Befreiung bleibt international (Aufruf)

Aufruf zum Internationalistischen Block auf der Demo gegen die Innenministerkonferenz

Am 28.11.2018 treffen sich die Innenminister der Länder und der Bundesinnenminister Horst Seehofer zur jährlichen Innenministerkonferenz. Bei diesem Treffen werden diestrategischen Leitlinien und die taktischen Mittel zur Herrschaftssicherung nach Innen besprochen. Dieses Jahr steht das Treffen unter besonderer Brisanz, weil die bundesweite Einführung verschiedener neuer Polizeigesetze ansteht.

Nach dem Vorbild des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes fertigen die Landesregierungen eigene neue Polizeigesetze an. Diese tragen in den jeweiligen Bundesländern unterschiedliche Namen, haben aber alle den gleichen Grundinhalt, nämlich eine massive Erweiterung des Handlungsspektrums der Polizei. Konkret wird mit dem Begriff der „drohenden Gefahr“ gearbeitet. Dadurch ist es der Polizei möglich ohne externe Kontrolle massive Maßnahmen gegen angebliche „GefährderInnen“ durchzuführen. Dies beinhaltet unter anderem: V-Leute ohne Verdacht in Chats einschleusen; ohne jeglichen Verdacht auf konkrete Straftaten gegen Menschen ermitteln; ohne nennenswerte Hürden nicht nur private Hardware durchsuchen, private Kommunikation überwachen, sondern auch Post beschlagnahmen; private Daten nicht nur durchsuchen und speichern, sondern auch löschen und verändern; Personen grundlos einen anderen Wohnort zuweisen oder sie ohne richterliche Genehmigung und ohne PflichtverteidigerIn bis zu drei Monate lang in „Vorbeugehaft“ nehmen.

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Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre (alle Teile)

Wir dokumentieren hier alle Teile unserer Artikelserie aus der Gefangenen Info. Download als PDF

Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre- Teil I

Mit diesem Text werden wir uns mit der Geschichte der Knastkämpfe in Italien in den 1970er beschäftigen. Dafür werden wir einen kurzen geschichtlichen Überblick über die gesellschaftlichen Entwicklungen geben, deren Klassenkämpfe und Organisierungen, sowie den daraus resultierenden Auseinandersetzungen in den Gefängnissen.

In der Mitte der 1960er Jahren entwickelte sich in den USA ein gesellschaftlicher Aufbruch, der die ganze Welt erfassen sollte, so auch in Italien. Diese Bewegung die in Europa ihren Höhepunkt im Pariser Mai 1968 fand wird heute als ´68er bezeichnet. Durch die Ablehnung des Vietnamkrieges verbreitete sich das Bewusstsein über die Notwendigkeit einer radikalen Gesellschaftskritik, die auf der ganzen Welt unterschiedliche Widerstandsformen hervorbrachte. Die Bewegungen in Aufbruch hatten auch in Italien das gemeinsame Prinzip der Ablehnung von Autorität und Macht der Herrschenden, somit einen gemeinsamen Feind. In den Schulen und Universitäten kritisierten die Schüler und Studenten die Vorurteile der Lehrer, sowie den Aufbau und die Ausrichtung der Lehrpläne und Institutionen. In den Fabriken kämpften die Arbeiter gegen ihre Ausbeutung und verweigerten die Arbeitsnorm. Auch die Rolle der Frau und ihre Bevormundung durch den Mann wurden kritisiert. Die gemeinsamen Ziele aller Teile dieser Bewegung war die Verbesserung der Gesellschaft unter dem Prinzip der Gleichheit und Partizipation von allen an Entscheidungen, der Eliminierung von gesellschaftlicher Unterdrückung und Rassendiskriminierung. Es rebellierten natürlich auch die Gefangenen(die Gefängnisse wurden in Italien noch wie zur Zeit des Faschismus geführt), welche neben Verbesserungen der Knastbedingungen das Recht auf Versammlungen forderten. Sie wollten Kommissionen, welche die gesamte Aktivität in den Gefängnissen überwachen sollten. Es wurden Besuche ohne Einschränkungen gefordert, die Abschaffung der Zensur, das Recht auf sexuelle Beziehungen und vieles mehr.

Es entwickelte sich auch in Italien, was weltweit als „neue linke“ (NEW LEFT) bekannt wurde, eine radikale Linke für die es sehr wichtig war, sich auf die Kämpfe in der dritten Welt zu beziehen, auf die Revolutionen im arabischen Raum, in Asien, Afrika, Süd- und Mittelamerika .

Am 24. Januar 1966 wurde in Trento zum ersten Mal durch Soziologie Studenten eine Italienische Universität besetzt. Die Besetzungen und Proteste häuften sich in ganz Italien. Die Studenten kritisierten die „Barone“, ihre Dozenten und forderten kostenlosen Unterricht für alle (im Besonderen für Jugendliche aus ärmeren Familien). In der Fakultät in Trento war es nicht möglich auch nur einen Kurs durchzuführen da diese dauerhaft besetzt war.

1969 begann eine Welle von großen und kleinen Streiks in den Fabriken, welche sich mit der Bewegung der Studenten verschmolz. Es ging also von Studentenprotesten, die zum größten Teil von den bürgerlichen Medien ignoriert wurden, zu Forderungen der ArbeiterInnen. Die Anwesenheit von jungen ArbeiterInnen an der Seite der StudentInnen charakterisierte die italienische 68er Bewegung. Im Allgemeinen herrschten viel Solidarität und Austausch, weil die StudentInnen verstanden, dass die Lebensbedingungen der ArbeiterInnen morgen die ihrigen sein würden.

Ende November 1968 gingen 3000 Landarbeiter auf die Straße, um neue Arbeitsverträge zu fordern. Schon nach zwei Tagen wurden während dieser Auseinandersetzungen 2 Arbeiter ermordet, als die Polizei auf eine Straßenblockade schoss. Vier Monate danach , ging die Bevölkerung in Battipaglia auf die Straße um Arbeitsplätze zu fordern. Während eine Delegation nach Rom ging, um mit dem Wirtschaftsminister zu verhandeln, entwickelten sich in der Stadt Kämpfe mit der Polizei, bei der der Typograf Carmine Citro sowie die Lehrerin Teresa Ricciardi starben.

Diese Kämpfe in Battipaglia hatten die Erneuerung von 32 Arbeitsverträgen als Forderung, sowie einheitliche Verträge mit höheren Löhnen und einer Verkürzung der Arbeitszeit. Zum ersten Mal war die Welt der StudentInnen und ArbeiterInnen vereint, seit dem Beginnen der Kämpfe mit einheitlichen Positionen zum Thema Arbeit. Gemeinsam entwickelten sie immer radikalere Auseinandersetzungen, in manche fallen streifen diese sogar den Aufstand wenn man die Fakten und Forderungen analysiert.

Die offiziellen Gewerkschaften wurden durch die radikalen Forderungen und Praxis der autonom arbeitenden Comitati unitari di base CUB (Vereinte Basis Komitees) stark beeinflusst , welche gleiche Löhne für alle FabrikarbeiterInnen forderten, nach dem Prinzip das alle „Mägen gleich sind“ ohne Unterschiede unabhängig der Stellung der einzelnen ArbeiterInnen im Betrieb. Der Profit wurde als ein Betrug angesehen, die Effizienz als ein Komplott, aber die Faulheit und Sabotage wurden als berechtigten Schlag gegen die kapitalistische Logik verstanden. In den Fabriken wurde die Stimmung für alle Dirigenten, Vorarbeiter und Anscheißer für diese unaushaltbar, da sie sich eingeschüchtert und bedroht fühlten. Es wurde allgemein mehr „krank“ gefeiert und es häuften sich die Episoden von Sabotage, Einschüchterung und Gewalt gegen Fabrikeigentum, Bosse und Vorgesetzte. Eines dieser Episoden passierten zum Beispiel am 29. Oktober 1969 bei Fiat in Turin. Eine große Gruppe streikender , mit Eisenstangen und Knüppeln bewaffnet , zerstörte die Montagebänder sowie den Karosseriebereich und die Mensa in der Niederlassung Mirafiore.

Anders als in anderen europäischen Ländern ebbte in Italien diese Bewegung nicht ab, sondern es entwickelten sich in den darauf folgenden 20 Jahren intensiver Klassenkämpfe, in denen laut vieler historischer Analysen die Gruppen organisierter ProletInnen den italienischen Staat nahe an den Bürgerkrieg führten.

Da Staat und Kapital auf die berechtigten Forderungen der Unterdrückten mit Entlassungen und Repressionen bis hin zu staatsterroristischen Massakern antworteten, begannen viele ArbeiterInnen sich in klandestinen und bewaffneten Gruppen zu organisieren und den Kampf gegen Bosse und Unterdrückungsorgane offensiv zu führen.

Eine der berühmtesten Ausdrücke dieser Entwicklung war die Entstehung der Brigate Rosse (Rote Brigaden), welche sich an Lateinamerikanischen Stadtguerillakonzepten wie des „beiße und fliehe“ oder „treffe einen und erziehe tausende“ orientierten, unbeliebte Chefs entführte und diese an den Werkstoren vor Arbeitern zur Schau stellte.

Als der PCI (Italienische kommunistische Partei) 1973 begann ein Projekt der Annährung an Sozialisten und Konservative durchzuführen, bekannt als „historischer Kompromiss“, betrachteten viele AktivistInnen der Italienische Linken dies als Verrat am Proletariat und der Revolution. Dadurch schlossen sich noch mehr ProletInnen der revolutionären Bewegung an und kämpften gegen das System. Der Weg zum bewaffneten Kampf wurde für viele zu einer konkreten Option.

Die Bewegung theoretisierte die absolute Verweigerung der Arbeit (mit Begriffen wie „Enteignung“, „selbständiges Preisedrucken“, “Besetzung“ und „proletarischer Einkauf“) und hatten den PCI und die offiziellen Gewerkschaften als zusätzliche Feinde.

Doch wie gesagt waren die Roten Brigaden (mit ihren Abspaltungen) nur die größte und am längsten operierende bewaffnete Gruppe. Es entwickelten sich in ganz Italien über den Zeitraum zwischen 1970 und 1980 über 50 bewaffnete Gruppen, die manchmal über Jahre, mal nur mit ein paar Aktionen gegen die Unterdrücker kämpften. Die Themen waren dabei vielschichtig und reichten vom Kampf gegen Heroin in den proletarischen Vierteln, bis hin zu Enteignungen von Banken, um die Revolution zu finanzieren und vieles mehr. Die Italienischen ProletarierInnen ließen es zu dieser Zeit anständig krachen.

Knastkampf ist Klassenkampf

Die Gründe der enormen Intensität der Knastkämpfe im Italien der 1970er Jahre basierten auf vielen Faktoren. Zum einen waren es die unmenschlichen Knastbedingungen, die seit dem Faschismus herrschten, zum anderen waren es die Freiheitsideale, welche die 68er- Bewegung in der Gesellschaft verankert hatte. Diese ergriffen nämlich auch die Gefangenen, wodurch sie die kapitalistische Gesellschaft, die sie in Gefängnisse steckte erst hinterfragten dann bekämpften.

Viele Verhaftete der kämpfenden Gruppen brachten zusätzlich ein stark artikuliertes Klassenbewusstsein hinter die Mauer und eine Bereitschaft für die Organisierung und den Kampf. Hier trafen sie auf all jene, die in der Kriminalität die Flucht vor den Lebensbedingungen fanden, die der Kapitalismus für sie vorgesehen hatte, oder einfach gezwungen waren illegal zu leben.

Daraus entwickelten sich Selbstorganisierungen, mit denen sich die Gefangenen selbst bildeten, aber auch schützten und Aufstände planten bzw. durchführten. Zwei der größten Aufstände waren die auf der GefängnisInsel Asinara (das erste Knastprojekt um die revolutionären Gefangenen zu brechen), sowie der im Sondergefängnis in Trani, am 29. Dezember 1980. Dieser Aufstand wurde durch bewaffnete Sondereinheiten von Polizei und Militär beendet. Diese misshandelten nicht nur die Gefangenen, sondern schlugen auch die als Geiseln gehaltenen Wärter.

Die ersten Massenkämpfe von Gefangenen ereigneten sich im April 1969. Diese hatten sich bereits seit 1967 durch isolierte und friedliche Mobilisierungen angekündigt (Sitzblockaden, passiver Widerstand, Arbeitsverweigerungen, Hungerstreikes …etc.) und explodierten dann in den meisten Knäste auf der ganzen Halbinseln, von Turin über Palermo bis nach Mailand, Genua, Florenz, Rom und Neapel.

Zu dieser Zeit war es für neue Insassen, wenn sie die Gefängnisse betraten als würden sie eine Zeitmaschine betreten. Draußen die Zeit des ökonomischen Booms der 1960er und 1970er, im Gegensatz dazu das mittelalterliche Knastregime. Das ist auch der Grund warum die Kämpfe in den Knästen der großen Metropolen explodieren.

Die auf die Zerstörung der Knäste 1969 folgende Aufteilung der daran beteiligten Gefangenen auf andere Knäste, führte zu einem Austausch unter Gefangenen über Lebenserfahrungen und Kampfmodelle in den Kerkern des ganzen Landes.

Die Gefangenen, die am meisten diese Kampferfahrungen vorantrieben waren die extralegalen ProletarierInnen aus den urbanen Zentren, ProletInnen die schon die organisatorischer Veränderung der Extralegalität bedingt durch die 68er Bewegungen verinnerlicht hatten. Die kleine Bande gleichwertiger Mitglieder war die neue Form ihrer Zusammenschlüsse, anders als die Strukturen der Mafia.

Da die Lebensbedingungen in den Gefängnissen miserabel waren basierten die Forderungen auf konkrete Verbesserung eben dieser, wie der Kampf gegen die Disziplinierungen, für menschenwürdiges Essen und andere Formen des sozialen Lebens drinnen sowie nach außen. Als ein Beispiel für diese Kämpfe wäre 1969 Turin zu nennen. Die Gefangenen besetzten 2 Tage den Knast und zerstörten diesen vollständig, was zur Aufteilung aller Gefangenen (über 1200) führte. Hintergrund dieser Auseinandersetzung waren die dort üblichen 4 Stunden Aufschluss am Tag, welche wegen den Öffnungs- und Schließungsprozeduren der Zellen real nur 3 Stunden betrugen. Außerdem war es nicht erlaubt Lebensmittel von außen zu erhalten, Karten zu spielen, Zeitungen zu kaufen und selbst zu kochen. Die ganzen Verbote begünstigten natürlich den „Schwarzmarkt“ innerhalb der Mauern, woran vor allem die Schließer gut verdienten. Ein Ergebnis dieses Kampfes war unter anderem die Zulassung der kleinen Campingkocher, die Jahre später in allen italienischen Knästen weit verbreitet waren.

Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre (Teil 2)

Wie wir im ersten Teil herausgearbeitet haben, intensivierten sich die Knastkämpfe in Italien Ende der 1960er vor dem Hintergrund der Aufbrüche der sogenannten 68er- Bewegung. Anfang der 1970er Jahre steigerten sich diese Kämpfe für eine Reformirrung der Knastgesetze erneut und bekamen einen immer kollektivieren Ausdruck. Die dafür ausschlaggebenden Faktoren sind unter anderem in den Inhaftierungen vieler kämpfender StudentInnen und Militanter bewaffneter Gruppen, sowie der sich daraus ergebender Teilnahme dieser an den Knastkämpfen zu suchen. Die gefangenen Linken brachten ihre Ideen und Reflexionen für eine klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft mit ein. Aus dieser solidarischen Auseinandersetzung sollte eine explosive Mischung entstehen, durch welche die Eingekerkerten noch intensiver für ihre Rechte als Gefangene ProletInnen und für eine solidarische Gesellschaft kämpften. In den großen Knästen, in denen die Konzentration von Gefangenen am höchsten war, wurden gemeinsame Positionen erarbeitet, die dann auf die Knäste im ganzen Land überschwappten. Diese Entwicklung wurde von revolutionären Kräften außerhalb der Knäste, wie „Lotta Continua“ (beständiger Kampf) und „ Soccorso Rosso“ (Rote Hilfe) unterstützt. Die genannten Gruppen entfalteten intensive Diskussionen und eine gemeinsame Praxis mit den haftentlassenen extralegalen ProletarierInnen, was z.B. zur Gründung von Zeitschriften führte, welche die Knastkämpfe und die Positionen der Gefangenen thematisierten und eine große Verbreitung innerhalb der Linken erreichten.

Zu Beginn setzte die Gefangenenbewegung auf „legale“ Forderung, wie Reformen und Amnestien. Der Staat und die Gefängnisleitungen regierten auf diese ausschließlich mit Gewalt und Unterdrückung. Sie hatten keinerlei Bereitschaft zum Dialog. Anderes war auch nicht zu erwarten. Reagierte der Staat und seine Repressionsorgane schon auf Forderungen der ArbeiterInnen (draußen) mit Bomben und allen möglichen Formen des Staatsterrorismus, fällt es nicht schwer zu erahnen, wie auf die berechtigten Forderungen der Gefangenen geantwortet wurde.

Als 1971 die großen Knäste, welche 1969 von den Eingekerkerten zerstört wurden (wie z.B. in Turin) wieder in Betrieb genommen wurden, begannen die dort Inhaftierten diese erneut zu zerstörten. Diese Revolten weiteten sich nun auch auf kleinere Knäste in den Provinzen aus.

Die Gefangenen begannen sich in kleinen Gruppen zu organisieren. Die Zusammensetzung dieser Gruppen hing von der Aufteilung in den Gefängnissen durch die zuständigen Richter ab. In diesen Strukturen begannen die gefangenen ProletarierInnen politische, soziale und kulturelle Analysen zu entwickeln. Dies war die Geburt der Studiengruppen und Selbstorganisierungen der Gefangenen, welche die kommenden Kämpf initiierten. Durch die schon erkämpften Rechte war es jetzt auch möglich viel Literatur die früher in den Knästen verboten war zu lesen, zum Beispiel Bücher und Texte der schwarzen Befreiung (Black Power , Black Panter, Malcom X , Georg und Johnatan Jackson) oder Ho Chi Min, Giap aber auch Guevara, Mao Tse-tung und Frantz Fanon. Gleichzeitig entwickelten sich im Gefängnis von Perugia rege Diskussionen über Theorie und Praxis einer Stadtguerilla, welche für die Interessen des extralegalen und gefangenen Proletariats kämpfen sollte. Die Pantere Rosse (Rote Panter) wurden geboren. Als diese Erfahrung sich mit der revolutionären Bewegung von Neapel vereinte, erblickte die NAP das Licht der Welt. Die „Nuclei ArmatiProletari „ (Bewaffnete Proletarische Zellen) war eine bewaffnet kämpfende Gruppe, die von 1974 bis 1977 außerhalb, wie innerhalb der Gefängnisse operierte (dazu mehr im kommenden Beitrag: „Exkurs NAP“). Die NAP ging nach 1977 in den Roten Brigaden (BR) auf.

Der Eintritt in die BR basiert auf den vielen gemeinsamen Erfahrungen und Kämpfen, auf theoretischen und praktischen Diskussionen der GenossInnen beider Organisationen drinnen und draußen.

Im Jahr 1973 nehmen mittlerweile so viele Inhaftierte an den Kämpfen teil, dass der italienische Staat darauf mit dem berühmten „Tanassi- Henke Rundschreiben“ reagiert, welches Sondereinheiten des Militärs für die Niederschlagung der Aufstände und Revolten erlaubt. Die Forderungen der Gefangenen blieben nach wie vor die Änderung veralteter Paragraphen (oft noch aus der Zeit des Faschismus), Schluss mit jeder Form von Zensur der Post, Zeitschriften und Bücher, Wahlrecht, Recht auf Sexualität usw.

Ebenfalls im Jahr 1973 entsteht im Turiner Knast die Plattform der Gefangenen, deren Positionen die ganze italienische Gefängniswelt aufrütteln wird. Hier wurden auch die neuen Kampfformen erarbeitet, wie totaler Streik der Knastarbeit, Besetzung und Verteidigung der Höfe nach den „Freistunden“, Verweigerung bei Gerichtsprozessen zu erscheinen usw. Die Zerstörung des Gefängnisinventars bleibt der am meisten verbreitete Protest, ist sie auch Ausdruck der instinktiven Ablehnung des ganzen Knastsystems mit all seinem Leid.

Sehr wichtig waren auch die Bildung von Kommissionen aus Delegierten aller Knastsektionen, sowie der Austausch mit revolutionären und radikalen, linken Organismen außerhalb der Gefängnisse, um diese in gemeinsame Kämpfe zu involvieren.

Die Gefangenenbewegung konsolidierte sich in den Gefängnissen und auch nach außen entwickelten sich stabile Beziehungen zu großen und kleinen Viertelkomitees, Fabrikversammlungen, außerparlamentarischen Gruppen, politischen Kollektiven, Kulturzirkeln, sowie einzelnen Genossen und Genossinnen. Auch das Theaterkollektiv „La Comune“ aus Mailand unterstützte politisch und finanziell die Bewegung.

Auch die Repression steigerte sich in dieser Zeit immer mehr, bis im Februar 1974 mit Maschinengewehren auf Gefangene geschossen wurde, die aus Protest auf ein Dach gestiegen waren und dieses besetzt hielten. Der 20 jährige Giancarlo del Padrone starb sofort und weitere junge Gefangene wurden schwer verletzt. Nur 3 Monate später führte die harte Haltung des Staates gegenüber der Gefangenenbewegung und deren Forderungen zu weiteren Toten. Als in Alessandria drei Gefangenen Geiseln nehmen, stürmt eine Sondereinheit der Carabinieri den Knast, tötet 2 Gefangene und verletzt einen weiteren Gefangenen schwer. Bei dieser Aktion sterben außerdem 5 Geiseln und weitere 14 Geiseln wurden verletzt. Während die Exzesse an den Gefangenen nicht auf diese 2 Episoden beschränkt blieben und weiter gingen, begannen Politiker damit Dialogbereitschaft zu heucheln. Auch dies blieb eine hinterhältige Methode des Staates, denn kurz vor Besuchen dieser Politiker in den Anstalten wurden die Avantgarden der Kämpfe zwangsverlegt. Doch die Gefangenen lassen sich auf dieses schmutzige Spiel nicht ein. Durch kollektive, solidarische Aktionen erzwingen sie Rückverlegung ihrer rebellischen „Kollegen“.

Für jeglichen Dialog, hätte die repressiven Maßnahmen seitens des Staates aufhören müssen, aber das passierte zu keinem Moment. Wir können also sehen, wie die Haltung der Gefängnisleitungen und des Staates auf dem politischen Niveau hinterhältiger wurden und auf dem militärischen Niveau harter und blutiger.

Die Kämpfe der Gefangenen radikalisieren sich und die Guerilla greift ein

Nachdem den Gefangenen immer klarer wurde, dass sie mit den bisherigen Methoden keine wesentliche Verbesserung ihrer Lage erreichten und angesichts der hohen Strafen, stellt sich die Frage nach Erweiterung der Kampfformen. Die Gefangenen waren nicht weiter gewillt, sich kampflos massakrieren zu lassen. Der Punkt auf den sich die Diskussion einigte war die Wiederaufnahme der Kämpfe, in enger Zusammenarbeit mit den politischen freundlich gesinnten Gruppen außerhalb der Knäste und mit den politisch-militärischen Kräften der Guerilla.

Im Oktober 1974 verüben die NAP ihre erste Aktionen in dem sie Gefängnisse mit Propaganda- Aktionen angriffen. Dabei wurden Autos mit Megaphonen präpariert und diese vor den Gefängnissen in Mailand, Rom und Neapel platziert, eine Botschaft abgespielt und anschließend die Fahrzeuge zur Explosion gebracht. In besagter Botschaft hieß es unter anderem: „Wir haben keine Alternative entweder kämpfen und revoltieren oder langsam verrecken in den Gefängnissen, Ghettos, Irrenhäuser, in die uns die bürgerliche Gesellschaft sperrt …“ Diese ersten Aktionen der NAP und ihre Propaganda erweckten sofort Sympathien bei dem gefangenem und extralegalem Proletariat. Das ganze geschah in Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Kämpfe innerhalb der Knäste. Die Gefangenenkämpfe bekamen andere Formen als in den Wellen zuvor. Konzentrierten sich die Aktionen der Eingeknasteten bis dahin auf Sachbeschädigungen und symbolischen Protest und eben nicht auf Angriffe auf Direktoren und Schließer, änderte sich dies. Die Verantwortlichen dankten es den Gefangenen eh nur mit Massakern und Schießbefehl. Wärter, die dieses brutale Spiel nicht mitspielten, also unmenschliche Befehle verweigerten, wurden umgehend suspendiert und ausgewechselt. Immer häufiger kam es nun zu Geiselnahmen, manchmal auch „nur“ um sich in Knäste nahe der eigenen Familie verlegen zu lassen. Knüppelhiebe der Wärter wurden ab jetzt mit Messerstecherei der Gefangenen beantwortet. Die direkten körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Anstaltspersonal und Eingekerkerten wurden zum Alltag.

Diese Radikalisierung der Kämpfe passierte entgegen der Absprachen zwischen Gefangenenbewegung und den politischen Strukturen draußen. Die gefangenen ProletInnen waren es einfach müde, zum Krüppel geschlagen zu werden für selbstverständliche Forderungen, wie Ende des Eimers als Toilette, oder ein Ende der Zwangsfixierungen in den sogenannten Bunkern (Bestrafungszellen). Die beschriebene Entwicklung hatte zur Folge, dass die einst starke Unterstützung der Bewegung außerhalb der Gefängnisse immer mehr abnahm. Nur die Guerilla verstärkte ihren Support für das gefangene Proletariat.

Die Erstürmung des Gefängnisses Casale Monferrato im Piemont durch die Roten Brigaden, bei der sie einen ihrer gefangenen Militanten befreite beflügelte die Phantasie und den Kampfeswillen vieler Gefangener. Es folgten immer mehr (Massen-)Ausbrüche und Befreiungsaktionen.

Der italienische Staat reagiert ab 1977 auf den Kampfzyklus der Gefangenen, ähnlich wie andere NATO- Staaten mit einer differenzierten Strategie der Spaltung der Gefangenenbewegung. Vorbild dieser Strategie waren die Counterinsurency- Programme der USA, mit welcher diese schon die Blackpower- Bewegung und andere revolutionäre Organisationen der US- amerikanischen Linken innerhalb und außerhalb der Knäste zerschlagen hat. Ziel dieser Strategie war es unter anderem die politischen und rebellischen Gefangenen von der Masse zu trennen und gesondert zu inhaftieren. Der Einfluss der Revolutionäre und Rebellen auf die anderen Gefangenen sollte unterbunden werden. Entsprechend wurden Sondergefängnisse eingerichtet. Hier wurden die Kampfavantgarden , Gefangene der Guerillaorganisationen aber auch Gefangene, deren die Flucht gelang oder es auch nur versuchten, konzentriert. In diesen Knästen herrschten von Anfang an harte Bedingungen und eine Isolierung nach außen, um die Gefangenen zu brechen und ihre politischen Ideale zu zerstören. Diese Sondergefängnisse wurden von schwerbewaffneten (Kriegswaffen) Carabinnieri mit gepanzerten Fahrzeugen patrouilliert.

Die sogenannte Operation „Camoscio“ wurde von General Dalla Chiesa geleitet und vom damaligen Minister Andreotti persönlich überwacht.

Die Verantwortlichen genossen die Unterstützung aller politischen Institutionen und hatten von Anfang an das Ziel mit allen Mitteln die Bewegung der Gefangenen zu zerstören und im Besonderen die gefangen genommenen Guerilleros zu brechen. Es waren die Gefangenen der NAP, welche die neuen Sonderknäste bzw. Sonderabteile, konkret auf der Gefängnisinsel Asinara einweihten. In Asinara waren die „Hafträume“ nicht größer als Einzelzellen, doch waren in ihnen 3-4 Gefangene eingepfercht. An den Fenstern waren zusätzlich zu den Gittern sogenannte Sicherheitsbleche angebracht, durch deren kleine Löscher nicht nur kein Licht in die Zellen kam, sondern dort auch keine Luft zirkulieren konnte. Es herrschten also sehr harte Bedingungen.

Im selben Jahr kam es zum Prozess gegen AktivistInnen der NAP in Neapel. Der Prozess war von harten Kämpfen, vor allem in den Städten begleitet. Es kam zu Demos in offener Unterstützung des bewaffneten Kampf, Massenangriffen auf Zeitungsniederlassungen, täglichen und harten Konfrontationen zwischen Angeklagten und Bullen in Gerichtssälen und Sicherheitszellen. Die Prozesse waren überfüllt aus Sympathie für die Angeklagten. Hunderte UnterstützerInnen wurde verhafte.

Die NAP griff in diese Kämpfe mit der Aktion gegen Alfonso Noce, Direktor der Gefängnissicherheitsdienste in Lazio (Region um Rom) mit ein. Bei dem Angriff starben neben zwei Bullen, der NAP – Militante Martino Zicchitella, anerkannte Avangarde der Gefangenenkämpfe von 1969. Während des Prozesses befreiten die NAP darüber hinaus zwei ihrer mitangeklagten Militanten aus dem Frauenknast in Pozzuoli.

Nach diesem Gerichtsverfahren wurden alle Angeklagten in den Sonderknast Asinara verlegt.

Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre (Teil 3)

Im letzten Teil unserer Reihe haben wir beschrieben, wie sich die Knastkämpfe in Italien immer mehr politisierten, vermassten und radikalisierten, bis hin zur Organisierung eigener politisch – militärischer Kerne wie die „Nuclei ArmatiProletari „ (Bewaffnete Proletarische Zellen), Befreiungsaktionen und (versuchten) Massenfluchten. Der Staat versuchte darauf ab 1977 mit einer differenzierten Strategie der Spaltung, Zersetzung und schlussendlichen Zerstörung der Gefangenenbewegung zu reagieren. Es wurden Sondergefängnisse bzw. Trakte eingeführt, um die rebellischen Gefangenen und eingeknasteten Guerilla- KämpferInnen vom Rest zu trennen. Trennscheibe bei jeder Art von Besuchen wurde zum Standard. Dadurch entwickeln sich so zwei parallele Gefängnis- Regimes, das eine mit täglicher (physischer und psychischer)Gewalt und Folter (in Novara intervenierte sogar die Kirche empört) und das anderen mit „großzügigen“ Freiheiten und heimlichen Belohnungen, um die Differenzierung zusätzlich zu erhöhen. Im „normalen“ Vollzug entwickelte sich ein geheimes System aus Vergünstigungen und Freiheiten, wie Freigänger und Bewährung aber immer verbunden mit der Drohung diese Vergünstigungen bei „unangemessenem“ Verhalten ins Gegenteil zu verkehren.

Diese „lockerere“ Behandlung, die der Staat an den Tag legte und ein paar tausend Extralegalen die Freiheit „schenkte“ ,war der Preis den der Staat bereit war zu zahlen, damit sich die Gefangenenbewegung nicht weiter ausbreitet und die Kontakte nach draußen stärker werden.

Die beschriebenen Entwicklungen zwang die Gefangenenbewegung zu einer Zeit der Reflexion über ihre nächsten Schritte und Ziele, sowie ihrer Organisierungs- und Kampfformen. Ihre Strukturen mussten unter diesen Umständen klandestiner werden. Die Zeit nach der Inbetriebnahme der Spezialgefängnisse und – Trakte war eine sehr schwere, für die gefangenen GenossInnen, da die Diskussionen und der Austausch unter sehr rigider Isolation geführt werden mussten. Selbst die Zellen wurden über ein Überwachungssystem der Geheimdienste akustisch abgehört, wodurch die Diskussionen nur schriftlich erfolgen konnten.

Die Gefangenen kamen mehr, mehr zu der Einsicht, dass sie ohne massive Unterstützung von außen in ihren Kämpfen nicht weiter kamen. Andererseits fühlten sie sich von den GenossInnen draußen unverstanden, was die Dimension des Angriffes auf ihre Lebenssituation in Sonderknästen an ging. Zu groß waren die Unterschieden zu den bisherigen Erfahrungen und zu unterschiedlich die verschiedenen Haftbedingungen in den einzelnen Sonderknästen und –Abteilungen.

Durch die „Frühlingskampagne“ der Roten Brigaden 1978 entwickelten sich günstigere Bedingungen die Kämpfe in den Knästen für bessere Lebensbedingungen wieder aufzunehmen und das Kräfteverhältnis zwischen Gefangenenbewegung und Knastregime zu verschieben.

Im Massenprozess in Turin im Juli 1978 verlesen die angeklagten Militanten der Roten Brigaden die Erklärung Nr. 14, ein „sofortiges Programm“. Dieses Programm fasste die Diskussionen innerhalb der Knäste, hauptsächlich der Sonderknäste und –Trakte zusammen. Es zielte auf die Verbesserung der Lebensbedingungen drin und soziale Verbindungen nach draußen (freier Postverkehr, keine Zensur, keine Trennscheibe usw.). Die „Differenzierte Behandlung“ sollte aufhören und alle Sonderknäste und – Abteilungen geschlossen werden. Auf dieser Basis schlugen die Gefangenen die Aufnahme eines neuen Kampfzyklus vor, mit einer starken Verbindung der Kämpfe drin und draußen.

Dieser neue, harte und lange Kampfzyklus begann schon bei Verlesung des Communiqués, welche in Tumulten im Gerichtsaal, vor und im Gebäude endete. Zwischen Juli und August 1978, beginnend in Asinara und sich dann auf die anderen Sonderknäste und –Trakte ausbreitend mobilisierten Massen von Gefangenen zum Kampf. Dadurch unterstrichen sie die Forderungen des Communiqués Nr. 14. Sie sahen ihre Bedürfnisse, eigenen Forderungen und die dringendsten Notwendigkeiten darin artikuliert.

In den Sonderknäste entwickelten sich unterschiedlichste Kämpfe in Wellen, wobei sich diese kontinuierlich ausbreiteten. In allen größeren Städten Italiens fanden Solidaritätsaktionen statt, die die Einheit der Bewegung drin und draußen verwirklichten. Die Aktivitäten waren sehr kämpferisch und vielfältig. Sie reichten von Demonstrationen, militanten und bewaffneten Aktionen, Transparenten, Graffitis, bis hin zu Pressekonferenzen, auf denen Familienangehörigen der Gefangenen über die Misshandlungen, denen sie selbst ausgesetzt waren, berichteten. Die Kämpfe der Gefangenen weiteten sich auf den „Normalvollzug“ und die kleineren Knästen in Kleinstädten aus. Überall wo die Widerständigen die Stärke dazu hatten, gründeten sie Kampfkomitees. Diese bestanden aus Delegierten aller Abteilungen, den „normalen“, den „Speziellen“ und auch den Frauenabteilungen.

Die Strategie des Staates, die widerständigen Gefangenen physisch zu isolieren, um sie so auch politisch zu isolieren erfährt vorerst eine Niederlage. Die Gefangenen entwickeln in ihren Kämpfen trotz der Isolierung eine politisch – ideologische und praktische Einheit. Über acht Monate des Kampfes und nicht enden wollende Mobilisierungen zu den Inhalten des „sofortigen Programm“ drin und draußen hatten es geschafft die Trennung zwischen „normalen“ und „speziellen“ Gefangenen aufzuheben. Die Widerständigen erkämpften sich „relative Freiheiten“. Die Gefangenenbewegung ließ in dieser Situation nicht nach, es ging um alles – die Zerstörung der Knästen, die Freiheit!

Im gesamten Jahr 1979 konsolidierten sich die Kampfkomitees weiter und entwickelten eine immer höre Schlagkraft. Dank der Komitees war eine Organisierung der eigenen „Freizeit“ möglich, vom gemeinsamen Sport, bis hin zum Studium. All diese Bereiche wurden durch sie abgesichert. Die Gefangenen bereiteten sich auf die kommenden Kämpfe und Revolten vor. Im Sonderknast Asinara zum Beispiel, rüsteten sich die Kampfkomitees mit selbst gebauten Waffen aller Art. Darüber hinaus gab es einen intensiven Austausch mit der Bewegung draußen, mit den verschiedenen auch politisch- militärischen Gruppen in der Nähe der Knäste. Und dies in politischer aber auch praktischer Hinsicht, was die Fluchten, als auch Aufstände anging. Im Verlauf des Jahres 1979 gelang fünf Gefangenen die Flucht aus einem Sonderknast in Turin. An der Vorbereitung waren die Kampfkomitees, welche über 1000 Gefangene mobilisieren konnten, maßgeblich beteiligt. Aber es zeigte sich auch, dass die Gefangenen bei ihren Flucht(versuch)en auf Unterstützung von außen angewiesen waren.

Entscheidungsschlachten und das Abflauen der Bewegung

Im September 1979 wurde ein Militanter der Roten Brigaden schwer verwundet und verhaftet. Bei sich trug er Dokumente einer Diskussion zwischen drin und draußen bezüglich einer Massenflucht aus dem Sonderknast Asinara. Der Staat reagierte sofort und entledigte sich der durch die Gefangenenbewegung in Jahren erkämpften Rechte. Intensive Razzien in den Knästen begleiteten die Maßnahmen des Staates. Die Antwort der Kampfkomitees wiederum darauf erfolgte genauso unverzüglich. „Schließung der Sonderknäste und –Abteilungen!“ war die Parole, Aufstand und Zerstörung das Mittel. Die sogenannte Schlacht des 2. Oktober in Asinara verwirklichte die Parole. In diesem Sonderknast waren zu diesem Zeitpunkt 60 Gefangene inhaftiert, ca. 40 Militante verschiedener bewaffneter Gruppen und ca. 20 soziale Gefangene, die als besonders gefährlich galten. Alle beteiligten sich an diesem harten Aufstand, bei dem die Kämpfenden aus Espressomaschinen gebaute Sprengsätze einsetzten, während von Bullen und Militär mit Tränengas und scharfer Munition auf sie geschossen wurde. Nur die starken Barrikaden verhinderten Tote. Der Aufstand hatte das Ziel, durch die vollständige Zerstörung eine Verlegung auf andere Anstalten zu erzwingen. Es gelang zwar den Knast fast völlig zu zerstören, aber Asinara blieb vorerst in Betrieb und wurde wieder aufgebaut. Viele Millionen Lire wurden vom Staat aufgebracht das Gefängnis wieder herzurichten, wobei sich der damalige Knastdirektor und Offiziere der Carabineri und natürlich die Bauunternehmen anständig die Taschen stopften. Dies ist durch Gerichtsakten belegt. Die Schlacht des 2. Oktober wurde zum Symbol der Knastkämpfe dieser Zeit.

Der Druck der Bewegung drin und draußen, reicht nicht aus, um das Problem der Sonderknäste zu lösen. Dabei entsteht eine gewisse Distanz zwischen Gefangenenbewegung und Guerilla , was auf die unterschiedlichen Blickwinkel und Realitäten zurück zu führen ist. Die Behandlung der Gefangenen erreichte nach dem Aufstand eine nicht gekannte Brutalität und Unmenschlichkeit. Tägliche Prügel, Diebstahl persönlicher Gegenstände, Isolation nach innen und außen wurde vielerorts und vor allem in Asinara wieder zum Standard. Im selben Jahr noch wird der Sonderknast in Palmi in Betrieb genommen. Seine besondere Eigenschaft besteht darin, daß hier nur Angehörige der bewaffneten Gruppen der Linken (Nap, Br, FAC, PL, UCC, NAPAP, FCC und Autonomiabewegung) konzentriert sind. Palmi war das Laboratorium des Knastregimes um alle Teile der Bewegung zu studieren. Ziel ist es die die einzelnen Militanten und Organisationen sowie deren Widersprüche, Kultur und Theorien, bis hin zu den sozialen Beziehungen untereinander zu analysieren. Die gewonnen Informationen bildeten die Grundlage für die weitere Zersetzung und Spaltung.

Gleichzeitig eröffnet der Sonderknast von Ascoli Piceno, in dem die rebellischsten und „gefährlichsten“ extralegalen Proletarier konzentriert wurden, mit demselben Ziel. Die Ausdifferenzierung führt zur Einführung verschiedener Kreise. Die Gefangenen werden abhängig von ihrer Herkunft und ihrem Verhalten eingeordnet. Der jeweilige Kreis bestimmt die Haftbedingungen. Vom Verhalten des Gefangenen hängt ab, ob er die Kreise wechseln kann. Im ersten Kreis befindet sich die Masse der Gefangenen in den großen und kleinen, „normalen“ Knästen und Irrenhäusern. In den zweiten Kreis werden die rebellischen Gefangenen und ein Teil der gefangenen KommunistInnen und AnarchistInnen in getrennten Abteilungen eingeordnet. Im dritten Kreis wurden die am meisten rebellierenden und „gefährlichsten“ Extralegalen, die Köpfe der gefürchteten Banden, sowie die standhaftesten der bewaffneten, revolutionären Gruppen konzentriert. Die einen kamen nach Ascoli, die anderen nach Palmi. Hinzu kam das schon erwähnte System aus Vergünstigungen und Strafen. Im Laufe der 1980er Jahre kam diese Counterstrategie voll zum Tragen. Vorher allerdings kommt es zum letzten großen Aufbäumen der Gefangenenbewegung im Zusammenhang mit der Guerilla. In den Jahren 1980 und 1981 kommt es zu größeren Aktionen und Revolten in den Knästen von Nuoro, Voltera, Fossombrone und Trani. Die Hauptforderungen bleiben die Schließung der Sonderknäste und –Abteilungen, sowie ein Ende der Differenzierung. Zur selben Zeit versuchen gefangene Guerilla- Kämpfer und Extralegale bewaffnet eine gemeinsame Flucht aus dem Knast San Vittore in Mailand. Diese werden in den umliegenden Straßen gestellt, zum Teil durch Schusswunden schwer verletzt und wieder gefangen genommen. Im Dezember 1981 entführen die Roten Brigaden den Minister und Richter D’Urso und erzwingen gegen seine Freilassung die Schließung des Sonderknastes Asinara. Kurz darauf bricht im Knast von Trani ein Aufstand der Gefangenen los. Dieser wird äußerst hart und brutal niedergeschlagen. Dutzende Gefangene und Geiseln werden bei der Erstürmung schwer verletzt, 15 Gefangene erleiden Schusswunden. Die Roten Brigaden reagieren darauf wiederum mit der Erschießung des verantwortlichen Carabinieri- General Gavaligi wenige Tage später.

Nach diesen Ereignissen und mit dem Greifen der Differenzierungspolitik des Staates flaute die Gefangenenbewegung ab und beschränkte sich zunehmend auf symbolischen Protest. Die Zeit der großen Schlachten war vorbei. Parallel zum Niedergang der revolutionären Bewegung und Guerilla, mussten auch die Kampfkomitees, sowie die Gefangenenbewegung insgesamt immer schwächer werden. Ohne eine starke Bewegung draußen, die Öffentlichkeit und Druck schafft, und dies auf allen Ebenen verlieren die Gefangenen ihren Schutz. Es muss auch festgestellt werden, daß ohne Widerstände drinnen wie draußen, und einer „ruhigeren Situation“ in den Gefängnissen, der Staat die Konditionen der gefangene wieder verschlechtert. So beschert der in „ruhigen“ Zeiten eingeführte Artikel 90 den Gefangenen in den Sondergefängnissen wieder drastische Einschränkungen (Besuche nur mit direkten Verwandten, keine Pakete von draußen, nur drei Bücher auf Zelle,…).

Zu Fragen wäre welche Wirkungen diese Kämpfe auf die heutige Situation haben, welche Positionen zum Allgemeingut der Gefangenen geworden sind. Was können wir aus ihnen lernen? Festzuhalten ist,

  1. Es für mehr Rechte in den Knästen eine Selbstorganisierung der Gefangenen geben muss.
  2. Es eine starke Verbindung der Kämpfe drin und draußen geben muss.
  3. Dass sich die Situation der Gefangenen ohne Widerstand stets verschlechtern.

Wir hoffen wir konnten euch mit unserem Text einen kleinen Einblick in die Knastkämpfe in Italien dieser Zeit gewähren.

Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre- Exkurs NAP (letzter Teil)

Wir haben in unserer Reihe versucht nach zu zeichnen, wie sich die Knastkämpfe im Kontext intensiver Klassenkämpf im Verlauf der 1970er Jahre, bis zu ihrem langsamen Abflauen Anfang der 1980er in Italien entwickelten. Die starken Kämpfe der Gefangenen haben wie beschrieben sogar eine autonome politisch- militärische Organisierung, die NAP hervorgebracht, um die es in unserem Exkurs und letzten Teil dieser Serie gehen wird.

Wie in allen gesellschaftlichen Bereichen entwickelte sich die intensive Welle von Klassenkämpfen 1969 auch in den Knästen und im illegalisierten Proletariat und brachte auch dort politische Kampfavangarden hervor.

Wie in unserer Serie beschrieben, galt in dieser Zeit der Knast gemeinhin als „Treffpunkt“ von verhafteten (revolutionären) Militanten und proletarischen (sozialen) Gefangenen. Die dort stattfindenden Diskussionen und der Austausch von (Lebens-) Erfahrungen legten die Basis für die Entstehung neuer Selbstorganisierungsprozesse und erzeugten Dynamiken, Zusammenhalt und Spannungen die sich später in Knastaufständen und massiver Zerstörungen von Knastinfrastrukturen entluden.

Viele Gruppen der außerparlamentarischen/ revolutionären Linken solidarisierten sich mit diesen Kämpfen der Gefangenen und arbeiteten dazu mit eigenen Kommissionen. Insbesondere die Organisation Lotta Continua (beständiger Kampf), entwickelte ab 1970 eine eigene Knastkommission und widmete der Thematik eine Rubrik in ihrer Zeitung, „die Verdammten dieser Erde“. Die Organisation entfaltete eine intensive Praxis mit Gefangenen und haftentlassenen (Sub-)Proletariern.

Zwischen 1972 und 1973 entwickelten sich in Lotta Continua starke Linienkämpfe zwischen einem „rechten“ und einem „linken Flügel“. Auslöser war die Frage der Unterstützung des PCI (Partito Comunista Italiano/ Komunistische Partei Italiens) bei den kommenden Wahlen und die Frage des bewaffneten Kampfes/ Illegalität. Der „rechte“ Flügel wollte alle Energie der Unterstützung des PCI widmen, um diese mit demokratischen Mitteln an die Macht zu bringen. Anschließend sollte LC in und mit der ArbeiterInnenschaft nach und nach so starken Druck ausüben und politische, sowie wirtschaftliche Forderungen aufstellen, die im Kapitalismus nicht hätten erfüllt werden können, also systemüberwindend wirken.

Diese Position wollte den Kampf über das Mögliche hinaus zuspitzen, um einen Keil zwischen Staat und ArbeiterInnen zu treiben. Neben der Macht des Staates sollte eine parallele Macht der proletarischen Klassenbewegung wachsen. Daraus sollte eine revolutionäre Situation entstehen. In dieser Situation hätte sich die PCI nicht offen gegen die ArbeiterInnen positionieren können und hätten den Prozess unterstützt, so verkürzt dargestellt die Überlegung.

Der „linke Flügel“ verweigerte sich dieser „chilenischen“ („die proletarische Macht kann auch langsam durch die Übernahme des Staates über den parlamentarischen Weg erlangt werden, zu radikale Positionen provozieren jedoch einen Putsch der Rechten“) Position. Darüber hinaus stufte dieser Flügel die PCI als eine reformistische, sozialdemokratische Organisation ein, welche wenn nötig auch eine harte Haltung gegenüber den ArbeiterInnen einnehmen würde (was sich bitter bewahrheiten sollte). Sie sahen vielmehr die Notwendigkeit im Beginnen der Bewaffnung der proletarischen Massen für eine direkte soziale Revolution. Auch wenn nicht klar war, wie dies zu verwirklichen ist, so orientierte sich diese Position nicht an einer abstrakten Theorie, sondern diese ergab sich aus der historischen Situation, aus den sich ergebenen Notwendigkeiten im revolutionären Prozess. Die Zunahme von staatlichen/faschistischen Terrorismus und der realen Gefahr eines Putsches (Eine Einschätzung, die sich im Nachhinein als richtig erweisen sollte. Der angefangene Putsch wurde „intern“ gestoppt, der Staatsterrorismus verschärfte sich dennoch.) sollte durch die Bereitschaft der Klasse, Kämpfe militant und bewaffnet zu führen beantwortet werden. Das waren wieder sehr verkürzt die Postionen des „linken“ Flügels.

Als die Gesamtorganisation ihren Mitgliedern jede Perspektive außerhalb der Legalität verweigerte, verließen viele Militante die Organisation. So einige ihrer ehemaligen AktivistInnen bildeten zusammen mit (ehemaligen) Gefangenen den Kern der Nuclei ArmatiProletari /NAP (Bewaffnete Proletarische Zellen). Das Ende von Lotta Continua war dadurch gekennzeichnet, dass die Organisation die Bedürfnisse der Klasse nicht mehr erfüllen konnte, praktisch von der Klasse in den Kämpfen überholt wurde. In dieser Zeit intensivierten und radikalisierten sich die Klassenkämpfe in den Fabriken, den Arbeiterviertel und wie beschrieben in den Knästen.

Im Gefängnis von Perugia entwickelten sich rege Diskussionen über Theorie und Praxis einer Stadtguerilla, welche für die Interessen des extralegalen und gefangenen Proletariats kämpfen sollte. Die Pantere Rosse (Rote Panter) wurden geboren. Zur selben Zeit entstand das Kollektiv J. Jackson in Florence. Als sich diese Erfahrungen mit der revolutionären Bewegung von Neapel vereinten, erblickte die Nuclei Armati Proletari das Licht der Welt.

Die NAP vertrat sehr stark den Kampf der proletarischen Gefangenen und befasste sich mit weiteren Problemen des Subproletariats, sowie den spezifischen Interessen der Klasse im Süden (Italiens). Die dortige ökonomische Situation brachte viele prekäre und illegale/ informelle Lebensweisen hervor. Die NAP agierte entsprechend zum großen Teil im Zentrum und im Süden Italiens. So gab es starke Zellen der Organisation in Rom, Florence, Mailand und am stärksten in Neapel. Der soziale, politische und organisatorische Entstehungshintergrund der Nuclei Armati Proletari ist dann auch die starke Vermischung von sozialen und politischen Gefangenen in den Knästen der 1970er Jahre. So waren ein Großteil der Militanten der NAP Angehörige des Subproletariats. Viele dieser AktivistInnen hatten sich im Knast politisiert und sahen diesen dem entsprechend als „Ballungsraum“ der Klasse. Der Kampf außerhalb der Knäste wurde als wichtiges Unterstützungsmittel gerade auch der Gefangenenkämpfe begriffen. Ihre Aktionen und politischen Forderungen widerspiegelten dies stark.

Die erste Aktion mit der die NAP öffentlich in Erscheinung trat ist dann auch das Abspielen von Botschaften am 4.10.74 vor 3 Knästen zur Unterstützung der dortigen Kämpfe. Dafür wurden Lautsprecher präpariert, die nach der Wiedergabe explodierten. Diese Aktion leitete die Kampagne (generelle Revolte in den Knästen flankiert durch bewaffneten Kampf der externen Zellen) ein, welche im Kommuniqué der Bewaffneten proletarischen Zellen erklärt wird.

Eine wichtige Selbstreflektion über Theorie und Praxis der NAP fand in einem Autointerview im Januar 1975 statt:

„Die NAP sind aus konkreten Massenerfahrungen in verschiedenen Sektoren entstanden, die manche Genossen dazu gebracht haben, sich konkret dem Problem der Illegalität zu stellen (…) wir sehen die Unterschrift NAP, nicht als eine Abkürzung, die eine Organisation mit einem festen Programm kennzeichnet, sondern vielmehr als eine Unterschrift die den eigenen Charakter unserer Erfahrung beschreibt. …

Für uns heißt Illegalität politische und organisatorische Strukturen zu erkämpfen, die uns in die Lage versetzen, all die Erfahrungen aus dem gewaltsamen illegalen Kampf, die ein zentraler Moment der proletarischen Autonomie und des revolutionären Klassenkampfes sind und waren, weiterzuentwickeln und zu festigen.

Mit gewaltsamen illegalem Kampf meinen wir Massenerfahrungen (…) wie die Kämpfe von bewaffneten klandestinen Avantgarden die autonom all die Aktionen entwickeln, die auch wenn sie die Bedürfnisse der gesamten revolutionären Bewegung widerspiegeln, die in der jetzigen Phase nicht möglich sind in einer Massenform zu organisieren. …

Die Entwicklung der unterschiedlichen Erfahrungen hat uns zu der Schaffung von Zellen von Genossen gebracht, welche an unterschiedlichen Orten, unter unterschiedlichen Bedingungen arbeiten, in totaler Autonomie die untereinander in einem organisatorischen und politischen Diskussionsverhältnis stehen. …

Die Beziehungen die wir zu nicht legalen Genossen haben sind vielschichtig. Auf der einen Seite wollen wir ihnen die praktischen und theoretischen Instrumente aus unseren klandestinen Erfahrungen vermitteln, auf der anderen Seite brauchen wir durch eine so breit wie mögliche Diskussion mit externen revolutionären Genossen neue Kräfte für unsere Aktionen, neue Ziele zum Angreifen, Elemente, die die Entwicklung unserer Erfahrung beschleunigen und der ganzen revolutionären Bewegung dienen, deren Teil wir sind. …

Wir denken mit unseren Aktionen und Erfahrungen auf ein reales Bedürfnis des Klassenkampfes Antworten zu finden und zu der Entwicklung des kommunistischen Programms beizutragen. Dieser Fakt und diese Perspektive rechtfertigen die Risiken, die wir eingehen.“

Am 22. November 1976 beginnt in Neapel der Massenprozess gegen 26 angeblichen Militante der NAP. Dieser endet am 15. Februar 1977 mit hohen Haftstrafen für die Angeklagten. Im Dezember 1977 erscheint eine Bilanz, erarbeitet von Gefangenen, in welcher sie ihre Erfahrung als NAP für beendet erklären. Die Organisation löst sich in den Brigate Rosse/ BR (Rote Brigaden) auf, mit welchen sie zu diesem Zeitpunkt schon eine gemeinsame Geschichte, geprägt von gemeinsamen politischen Diskussionen und bewaffneten Aktionen/ Kampagnen hat. Andere Militante der NAP wiederum sitzen ihre Strafen ab, ohne anderen Organisationen beizutreten.

Was erwähnt werden muss

Nach der Entführung des hohen Ministerialbeamten und Richters Giovanni D’Urso (12. Dezember 1980- 15. Januar 1981) nahmen die schon seit einiger Zeit schwelenden politischen Differenzen innerhalb der Roten Brigaden weiter zu. Als erstes spaltete sich die Mailänder Kolonne von der Gesamtorganisation ab und agierte ab diesem Moment autonom als „Kolonne Walter Alasia“ (Gefallener Militanter der BR aus Mailand). Wenig später gibt die Kolonne aus Neapal, gemeinsam mit der sogenannten Knastfront (also der Mehrheit der Gefangenen) durch zwei Entführungen, die des DC- Politikers Ciro Cirillo (Konservativer Politiker der Christdemokraten) und die von Roberto Peci (Verräter) ihre Eigenständigkeit bekannt.

Dieses eigenmächtige Vorgehen führte zur definitiven Trennung von den Roten Brigaden. Auch der übrig gebliebene Hauptflügel der Brigade Rosse, welcher sich fortan BR- PCC ( BR- Partitio Comunista Combattente – Kämpfende kommunistische Partei) nennen sollte, wird sich Jahre später in zwei Fraktionen, die sogenannte 1.Position (BR- PCC) und 2. Position (UCC: Unione die Cuministi Combattenti – Union der Kämpfenden Kommunisten) spalten.

Im Sommer 1981 trifft sich die BR- Exekutive (Nationale Leitung) mit der Knastfront und der Neapler Kolonne, um ein letztes Mal die Möglichkeiten zu prüfen ob die internen Widersprüche zu lösen sind – vergeblich. Die offizielle Spaltung wird im September desselben Jahres bekanntgegeben.

Die Abspaltung der Knastfront und Neapler Kolonne wird den Name Rote Brigaden- Guerillapartei (BR- PG) tragen und im Dezember 1981 mit dem Papier:“Gründungsthesen der Guerillapartei“ ihre Konstituierung bekannt geben. Die Guerillapartei hatte die größten sowohl politisch – ideologischen, als auch organisatorisch – personellen Überschneidungen mit der ehemaligen NAP.

Die theoretischen Grundlagen basierten auf der Annahme der absoluten Feindschaft zwischen den Klassen, dem totalen sozialen Krieg, welcher in den Metropolen alle sozialen Beziehungen durchdringt. Ihren Vorschlag vom bewaffneten Eingreifen für das gefangene Proletariat traf auf (diffusen) Zuspruch bei den gefangenen Militanten. In wenigen Jahren werden allerdings die letzten freien aktiven Kader der Organisation verhaftet.

Anfang der 1980er war die Konterrevolution in Italien bereits im vollen Gange. Verhaftete wurden systematisch gefoltert, den Gefangenen wurde offen mit der „deutschen Lösung“ (die Ermordung der GenossInnenen 1977 in Stuttgart- Stammheim) gedroht, in gezielten Hinterhalten wurden RevolutionärInnen erschossen. In Bologna verüben Faschisten im Auftrag des Staates einen Bombenanschlag auf den Hauptbahnhof mit 85 Toten und über 200 Verletzten, welcher versucht wurde den Roten Brigaden zu zurechnen. Es wurden Gesetze eingeführt, welche die „Reue“ und den Verrat belohnten. Hinzu kamen die Umstrukturierung der Fabriken und die Einführung der Sonderknäste. Dies alles fügten der revolutionären Bewegung schwere Schläge zu. Die revolutionären Kräfte reagierten auf diese Entwicklungen wiederrum ebenfalls mit einer Militarisierung der eigenen Politik, sowohl draußen, als auch in den Knästen. Beides führte zu Entgleisungen. So kam es zu einer Kampagne gegen Verräter und „Reuige“, hauptsächlich getragen von der Guerillapartei, die in den Knästen sehr hart geführt wurde. Der ab Anfang der 1980er einsetzende massenhafte Verrat konnte so nicht gestoppt werden, war dieser natürlich auch politisch begründet. In den Knästen entstand ein Klima des Misstrauens unter den Gefangenen. Mitte der 1980er war die Niederlage der revolutionären Linken und der Gefangenenbewegung für diesen Kampfzyklus besiegelt.

(Unvollständige) Aktionschronik der NAP:

1974

4. Mai Neapel:

Beschlagnahme von Dokumenten aus einer MSI- Sektion (Faschisten).

25. Juli Neapel:

Entführung des Industriellen Antonio Gargiulo. Das Lösegeld wird bezahlt (70 Millionen Lire) und um 22:00 des gleichen Tages wird er wieder freigelassen. Zu dieser Aktion wird sich allerdings niemand bekennen.

3. September

Veröffentlichung des Dokuments: „Bewaffnete Proletarische Zellen, Proletarische Autonomie, externe Zellen der Gefangenenbewegung“. Dieses Dokument wird die Kampagne „genereller Aufstand in den Knästen und bewaffneter Kampf in den externen Zellen“ begründen und politisch erklären.

4. Oktober Mailand, Neapel, Rom

Erste offizielle Aktion der NAP: Abspielen von Audiobotschaften vor Knästen zur Unterstützung der Knastkampfe, mit Forderungen bezüglich Knast- und Gesetzesreformen. Nach dem Abspielen explodieren die Rekorder. Diese Aktion wird die Kampagne „genereller Aufstand in den Knästen und bewaffneter Kampf in den externen Zellen“ einleiten.

5. Oktober Neapel:

Eindringen in den Sitz des UCID in dem Versuch den Exponenten der DC zu treffen. Diese Aktion der Neapler Zellen und die vom 7. November zeigen starke Gemeinsamkeiten mit denen der BR.

29. Oktober Florenc:

Während einer Bankenteignung werden Luca Mantini (Gründer des Collectiv J.Jackson) und Giuseppe Romero von den Bullen erschossen. 3 NAP Mitglieder können entkommen, aber 2 Verletzte Pietro Sofia und Pasquale Abatangelo werden verhaftet. Der Marschall der Carabinieri, Luciano Arigucci wird verletzt.

7. November Neapel:

Eindringen in einem Sitz der DC.

18. Dezember Neapel:

Entführung des Zement- Industriellen Giuseppe Moccia.

Das Lösegeld wird bezahlt (1 Millionen Lire) und 4 Tage danach wird er freigelassen.

1975

11. März Neapel:

Während der Vorbereitung einer Bombe in dem Unterschlupf in via Consalvo 109, explodiert diese, verletzt den Genossen Alfredo Papale schwer und tötet den Genossen Vitaliano Principe. Der Unfall ermöglicht es der Polizei viele Informationen über die NAP zu bekommen und drei weitere Unterschlüpfe zu finden.

21. April Rom:

Verletzung des regionalen Regierungsberater Filippo de Jorio durch NAP.

6. Mai Rom (in Zusammenarbeit mit BR)

Entführung des Direktors des Büro X des Elektronischem Zentrum von der Zentralen Direktion der Strafvollzugsanstalten, Giuseppe di Gennaro. Die Forderung ist die Verbreitung eines Kommuniqués im Radio und die Verlegung einiger Gefangener. Als die Forderungen erfüllt werden wird er am 11. Mai freigelassen.

9. Mai Viterbo:

2 Gründer der NAP und ein sozialer Gefangener versuchen ein Ausbruch. Als dieser scheitert nehmen sie Vollzugsbeamte als Geiseln und bekennen sich zur Entführung von di Gennaro.

Im Laufe dieser verlängerten Aktion der NAP verteilen sie drei Kommuniqués, die Gefangenen erklären ihre Position in 2 weiteren Kommuniqués und einem Autointerview.

30. Mai

Genosse Giovanni Tara stirbt als er eine „Radiobombe“ auf dem Dach einer „Vollzugs- Irrenanstalt“ positionierte, die von vielen als ein wahres Nazilager bezeichnet wurde.

Juni

Eine wichtige Reflektion über die generelle politische Linie der NAP wird in Form eines Autointerviews verbreitet.

8 Juli Rom

Eine Einheit des Antiterrorismus entdeckt in Rom die Wohnung von Anna – Maria Mantini, wartet auf sie und richtet sie hin als sie nach Hause kommt.

1976

Zwischen Ende 1975 und Anfang 1976: unterschiedliche Aktionen gegen Knastpersonal und Vertreter des Ministerium der Justiz.

28. Jannuar Rom:

Die Zelle „sergio romeo“ verletzt den Magistrat der sich um die Knäste und Verlegungen kümmert.

9. Februar Rom

Die Zelle „29 Oktober“ verletzt den Carabinerie- Offizier Antonino Tuzzolino (der gelähmt bleibt), welcher die Genossin Anna – Maria Mantini erschoss.

Zwischen März und Mai 1976 gemeinsame Kampagne von NAP und BR:

1. März:

Aktionen gegen Autos und Kasernen der Carabinieri in unterschiedlichen Städten.

3. März Neapel:

Gescheiterter Ausbruchsversuch von 16 Gefangenen der NAP. Sie nehmen Wärter als Geiseln, die sie nach Garantie der Unversehrtheit wieder freilassen.

15. März:

Sprengstoffangriff auf Bullenkaserne.

22. April Mailand:

Eindringen in den Sitz des Inspektorat der Knastinstitute.

5. Mai Rom:

Verletzung des Magisters Paolino Dell’anno für die Verschleierung der Todesumstände von Anna – Maria Mantini.

15. Juli Rom:

Festname des Nappisten Giovanni Gntile Schiavone.

22. November Neapel

Beginn des Prozesses gegen 26 angebliche Militante der NAP der am 15. Februar 1977 endet.

14. Dezember Rom:

Angriff auf Vizedirektor der örtlichen Polizei Alfonso Noce.

Während der Schießerei stirbt der Nappist Martino Zichitella. Ein Bulle stirbt, Alfonso Noce und ein weiterer Bulle werden verletzt.

1977

22. Januar

Flucht von Maria Pia Vianale und Fanca Maria Salerno aus dem Knast.

22. März

In einem Bus wird die Genossin Maria Pia Vianale von einem Bullen erkannt. dieser wird aber rechtzeitig von einem Genossen erledigt.

2. Mai Rom

Der Anwalt der Roten Hilfe Saverio Senese wird unter dem Vorwurf der Unterstützung der NAP verhaftet.

1. Juli

Die Bullen entdecken auf einer Kirchentreppe 3 Napisten. In der folgenden Schießerei wird ein Genosse von den Bullen regelrecht hingerichtet.

Ende 1977 Zusammenschluss mit den BR

 

PAM: Interview mit der UNTERDRUCK aus Magdeburg

Seit wann gibt es eure Gruppe und was macht ihr?

Unseren ersten offiziellen Auftritt hatten wir am 3.Oktober 2016 im Rahmen einer Kundgebung und Demonstration in Magdeburg-Stadtfeld gegen soziale Verdrängung, aber wir waren schon vorher sowohl in Finsterwalde als auch hier in Magdeburg zusammen aktiv.

Was wir machen ist vielfältig. Wir versuchen einerseits an uns selber kollektiv zu arbeiten, um die vom Kapitalismus anerzogenen Verhaltensweisen zu überwinden. Desweiteren liegt unser Hauptaugenmerk auf dem Thema Klasse. Dazu arbeiten wir speziell in Magdeburg als auch Finsterwalde. Dabei versuchen wir dies aus einer „ostdeutschen“ Perspektive zu tun. Sprich: die spezifischen Bedingungen, Lebensumstände, Probleme und Geschichte zu betrachten. Wir meinen zum Beispiel die Deindustrialisierung, deren negative Nachwirkung bis heute anhält, die größere Arbeitslosigkeit, die größere Kinderarmut, geringere Löhne, kleinere Renten bzw. nur Abschläge zur Eigentlichen, um nur ein paar zu nennen. Daraus ergeben sich unterschiedliche Mentalitäten und Lebensrealitäten.

Es ist noch zu erwähnen, dass wir den Klassenwiderspruch nicht als Hauptwiderspruch sehen, sondern gleichwertig zum Patriarchat und Rassismus. Diese 3 Unterdrückungsformen beeinflussen sich auf das massivste gegenseitig und können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Wir haben uns aber aus verschiedenen Gründen dafür entschieden, speziell zur Klasse zu arbeiten, weil die Unterdrückung im Kapitalismus uns alle betrifft.

Dabei betrachten wir Patriarchat und Rassismus als eigenständige Unterdrückungsformen, die Frauen* und People of Colour noch einmal zusätzlich unterdrücken. Patriarchat und Rassismus sind dabei in unserer Klassenanalyse mitinbegriffen.

Wir arbeiten in Arbeitsgruppen, die wir mit dem Wachstum unserer Gruppe erweitern möchten. Momentan arbeiten wir zum Thema Stadtteilkampf – Klassenkampf, wir arbeiten im Netzwerk – Freiheit für alle politischen Gefangenen mit und zum Thema Antifaschismus.

Warum braucht Magdeburg noch eine Gruppe bzw. was unterscheidet euch von den anderen?

Die Spezialisierung von Gruppen erlaubt es, sich konzentrierter einem Thema zuzuwenden. Das Bedürfnis, eine neue Gruppe zu gründen, ist aus unserer Ansicht heraus entstanden, dass es bisher keine Gruppe in Magdeburg gibt, die speziell den Klassenansatz nach unseren politischen Prinzipien konsequent umsetzt. Selbstverständlich respektieren wir dabei die politische Arbeit anderer Gruppen, die mit anderen Schwerpunkten arbeiten.

Was verbirgt sich hinter der Autonomie, die für das Proletariat erkämpft werden soll?

Unsere Struktur setzt sich aus AnarchistInnen und KommunistInnen zusammen. Unser strategischer Ansatzpunkt zielt auf die Schaffung und permanente Ausdehnung proletarischer Autonomie auf allen Ebenen und allen Lebensbereichen (auf politisch- ideologischen, kulturellen, organisatorischen usw. Gebieten).

Es geht uns darum, durch die Etablierung eigener revolutionärer Werte, Normen und Strukturen die Gegenmacht gegen das vorherrschende kapitalistische System von unten aufzubauen. Durch das Stärken der eigenen Seite, soll das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen dahingehend verschoben werden, dass die Bedingungen für eine offensive soziale Revolution geschaffen werden. Wir sehen uns dabei nicht als Avantgarde oder Elite, die im selbsternannten Auftrag der Unterdrückten handelt. Wir sind Teil der unterdrückte Klasse, daher streben wir eine Selbstorganisierung auf Augenhöhe an, unabhängig vom Staat, bürgerlichen Parteien und gelben Gewerkschaften.

Unserer Ansicht nach ist es unumgänglich, sich auf basisdemokratischer Ebene untereinander zu organisieren – und dies in allen Lebensbereichen: Seien es die Grundbedürfnisse des Menschen wie Essen, Kleidung und ein Dach über den Kopf oder kulturelle Dinge. Es muss der hierarchischen Organisierung des Staates und des Kapitals ein Gegenmodell entgegengestellt werden.

Das Entwickeln dieses Gegenmodelles muss unserer Meinung nach von einer neuen sozialrevolutionären Bewegung geschaffen werden. Diese Bewegung gilt es gemeinsam aufzubauen. Verschiedene Gruppen mit verschiedenen ideologischen Ausrichtungen müssen zusammenkommen und eine gemeinsame Praxis entwickeln, die nicht vom Kapitalismus vereinnahmt werden kann. Es müssen die 3 Hauptunterdrückungsmechanismen Sexismus, Rassismus und Kapitalismus unter der herrschenden kapitalistischen Ideologie und Ökonomie analysiert werden. Dazu kommt noch die Umweltzerstörung, die die Menschheit bedroht und als erstes und massivstes die Ärmsten der Armen trifft. Dagegen müssen wir vorgehen und uns gegenseitig unterstützen. Wir sehen, dass in der BRD langsam Schritte unternommen werden, um diese Bewegung aufzubauen und wir wollen Teil davon sein.

Die Anfänge der Arbeiterbewegung sind mittlerweile über hundert Jahreher. Durch Globalisierung und Automatisierung hat sich die Struktur derWirtschaft in Deutschland massiv verändert. Den klassischen Arbeiter,der seine Arbeitskraft in der Produktion verkaufen muss, gibt es hierimmer weniger. Dafür aber hochbezahlte Angestellte, die teilweise mit zu den Arbeitern gezählt werden. Umgekehrt gibt es viele selbständige Geringverdiener. Kann man da noch von einer Arbeiterklasse sprechen?

Natürlich. Kapitalismus basiert auf Ausbeutung der großen Masse (Proletariat) durch eine Minderheit (herrschende Klasse). Kapitalismus funktioniert nur durch die Existenz von Klassen und das schon nun schon seit zweihundert Jahren.

Wir finden diese Frage also unnötig in Anbetracht der realen Lebenswelten vieler Menschen, bei denen tagtäglich morgens in der Früh der Wecker klingelt, damit sie gegen eine geringe Entlohnung Mehrwert für die herrschende Klasse schaffen können. Nur weil der Hauptteil der Schwerindustrie in den Trikont (also Asien, Lateinamerika und Afrika) ausgelagert wurde, heißt es noch lange nicht, dass es auch in der westlichen Hemisphäre keine Klassen mehr gibt. Das Proletariat ist für uns der Sammelbegriff aller objektiv unterdrückten Menschen der Welt. Der Gruppenname Proletarische Autonomie rührt daher, dass wir es zur Errichtung einer herrschaftsfreien und klassenlosen Gesellschaft als unumgänglich ansehen, sich als Unterdrückte gemeinsam zu organisieren. Sich also in die Lage zu bringen die eigene Zukunft selbst zu bestimmen, anstatt in der bestehenden Abhängigkeit von der herrschenden Klasse zu verharren.

Anders als in der mittelschichtsdominierten Linken, stellt sich unter uns, im Jobcenter/Sozialamt oder in unseren Betrieben nicht die Frage nach der Existenz von Klassen.
In dem größten Teil der Bevölkerung existiert ein Gefühl für die eigene Lage und. Ausbeutung. Dieses Gefühl bezeichnen wir als Klasseninstinkt.

Wir müssen von diesem Klasseninstinkt zu einem Klassenbewusstsein gelangen. Dieses Klassenbewusstsein zu entwickeln halten für eine der Hauptaufgaben einer revolutionären Bewegung. Von daher heißt eine unsere Parole „Klassenbewusstsein entwickeln!“ Wir sehen unsere Aufgaben in der Anfangsphase neben der revolutionären Propaganda gerade in der Organisierung proletarischer Linker.

Außerdem funktioniert Kapitalismus nur mit Klassen. Ob die Arbeiter*Innen nun am Rechner sitzen und programmieren, für 450€ Laub harken, unbezahlte Hausarbeit leisten oder schwarz auf dem Bau arbeiten. Sie alle werden ausgebeutet. Und sind objektiv Teil unserer Klasse.

Dazu kommt der subjektive Faktor. Menschen können sich unabhängig der Klasse, in der sie geboren wurden, entscheiden, auf welcher Seite der Barrikade sie stehen. Es gibt in der Geschichte und auch heutzutage hunderte Beispiele und Menschen, die aus den Mittel- oder Oberschichten kommen und sich für die Befreiung des Menschen einsetzen und mit ihrer privilegierten Situation brechen. Genauso geht es aber auch anders herum. Es gibt genug Menschen, die aus der proletarischen Klasse kommen und sich auf die Seite der Herrschenden stellen und andere Menschen unterdrücken und ausbeuten. Menschen, die durch ihr Handeln anderen Menschen so schaden, dass wir sie nicht mehr als Teil unserer Klasse betrachten können.

Um es zugespitzt zu formulieren und die schlimmsten Auswüchse mal mit Namen zu benennen: Vergewaltiger, Faschisten und die Berufsmörder von Polizei, Paramilitär und Militär.

Um es nochmal deutlich zu sagen, wir sehen auch eine persönliche Verantwortung bei jedem einzelnen Menschen, sich auf die Seite der Unterdrückten und Ausgebeuteten zu stellen.

Von daher ist einer der ersten Schritte zur Verbreitung von unseren sozialrevolutionären Ideen und der Idee der proletarischen Autonomie die Schaffung von Klassenbewusstsein und die daraus resultierenden Erkenntnis der ungeheuerlichen Ungerechtigkeit und Brutalität des Kapitalismus – Imperialismus sowie der absoluten Notwendigkeit einer sozialen Revolution.

Dies kann nicht durch künstliche Appelle an die sogenannten Massen erfolgen, sondern muss im täglichen Umgang mit unseren Mitmenschen passieren.

Wie ist euer Verhältnis zu Parteien und Gewerkschaften?

Wir unterscheiden zwischen bürgerlichen und revolutionären Parteien und Gewerkschaften.

Wir dürfen uns nicht auf staatskonforme Gewerkschaften oder parlamentarische Parteien verlassen, da sie keinen klassenkämpferischen Standpunkt mehr vertreten, sondern nur im Sinne des „sozialen Dialogs“ handeln, sprich auf eine Befriedung unserer Auflehnung gegen die Unterdrückung aus sind.

Aus diesem Grund lehnen wir den Parlamentarismus als Mittel zur sozialen Revolution strikt ab.

Dies bedeutet im Umkehrschluss für uns allerdings nicht, dass die Basis der heutigen „linken“ Parteien und Gewerkschaften in der BRD nicht aus bester Absicht heraus handelt und dort auch ein Arbeitskampf real stattfindet. Dies jedoch in einem beschränkten, rechtsstaatlichen Rahmen, der von den Herrschenden vorgegeben wird und der an den bestehenden Ausbeutungsverhältnissen festhält.
Die Basis muss also erkennen, dass ihre FunktionärInnen gegen sie handeln. Wir müssen ihnen aufzeigen, dass eine soziale Revolution machbar ist und ihnen den Glauben an den Staat bzw. an eine Verbesserung des kapitalistischen Systems durch Reformen nehmen.

Unser eigener Ansatz ist eine autonome proletarische Organisierung. Nichtsdestotrotz respektieren wir die Arbeit von revolutionärer Parteien und Gewerkschaften, wie vor allem der FAU oder IWW.

Was ist eure Antwort darauf, dass viele Lohnabhängige nicht den Kapitalismus als Problem sehen, sondern Flüchtlinge und Zuwanderer?

Erstmal wollen wir dazu betonen, dass für uns Klasse international und auch hier in der BRD multiethnisch (also aus Menschen, die selber zugewandert sind) zusammengesetzt ist.

Allerdings stellen auch wir fest, dass das Proletariat hier und das Klassenbewusstsein in keinem guten Zustand sind. Dies ist unter anderem der Reproduktion rassistischer und patriarchaler Denkweisen innerhalb unserer Klasse, wie bei allen Menschen, geschuldet. Das wird verstärkt durch die Konkurrenz um Arbeitsplätze oder Wohnungen, die bei starker Zuwanderung und gleichzeitigem Abbau durch unsere Klasse einst erkämpfter sozialer Errungenschaften zwangsweise entsteht und damit die Klassenspaltung verstärkt.

Durch das Anpassen an die gegebenen Rahmenbedingungen und Konkurenz verrohen die Menschen zunehmend und werden tendenziell rücksichtsloser und brutaler untereinander, anstatt die Ursache ihrer Probleme anzugreifen. Unter dem Begriff „sozialer Kannibalismus“ lässt sich dieses Phänomen am besten erfassen. Es ist nun mal einfacher nach unten zu treten als nach oben, und es gibt den Menschen ein Gefühl der Überlegenheit in einem System, in dem sie sonst immer die Unterdrückten sind.

Die Hauptverantwortlichen dieser Entwicklung sitzen allerdings in den Chefetagen und Regierungsämtern. Wer sind die Verantwortlichen von weltweiten Hunger, Krieg, Zerstörung und der daraus resultierenden Migration? Wer schürt dabei Rassismus und Sexismus (z.B. durch die großen Massenmedien) im großen Stile zum eigenen Machterhalt? Wer lässt Abschiebeknäste bauen und schiebt in Hunger, Tod und Elend ab? Das ist nicht unsere Klasse, sondern sind die Herrschenden. Der Faschismus ist eine zugespitzte Form des Imperialismus, eine Herrschaftsform des Kapitals. Vor diesem Hintergrund ist es auch kein Wunder, dass die faschistische Bewegung hochgradig geheimdienstlich durchsetzt, aufgebaut, finanziert und gelenkt wird.


Hinzu kommt die Schwäche und Arroganz der „linken“ politischen Widerstandsbewegung. Das was heute als „Klassismus“ bezeichnet wird und Sozialchauvinismus meint. Also das von Oben auf die da Unten zu schauen und zu diskriminieren. Dies geschieht nun seit Jahren. Es gibt kaum kontinuierliche Basisarbeit (positive Ausnahmen natürlich ausgeschlossen), da die eigene subkulturelle Identität wichtiger ist, als die Einstellungen der Menschen zu verändern. Diese Politik der scheinheiligen Selbstdarstellung hat zu einer Entfremdung unserer Klasse gegenüber der organisierten Linken geführt.

Die Arbeit, die die Faschisten auf Basisebene leisten, ist hingegen umfangreich. Und diese Arbeit trägt nun, wie in eurer Frage angesprochen, Früchte. Wir haben auch kein Patentrezept dafür, was zu tun ist. Wir denken, dass eine wirkliche Basisarbeit und allein der Kontakt zu den Menschen selbst und die daraus resultierenden Diskussionen etwas bewirken kann. Nach unseren Erfahrungen in der Nachbarschaft oder im Betrieb ist es machbar, mit einfachen Argumentationsmustern Erfolge zu erzielen. Alleine die Frage, warum nach unten und nicht nach oben getreten wird, kann ja kaum beantwortet werden ohne sich zu entlarven. Wir müssen natürlich unterscheiden zwischen faschistischen Kadern, welche konsequent bekämpft werden müssen, und Menschen, die aus einem Ungerechtigkeitsgefühl heraus unreflektiert rechte Propaganda übernehmen und kein gefestigtes ideologisches Fundament besitzen. Das bedeutet, dass eine Strategie mit 2 Ansätzen entwickelt werden muss:

1. Sozialrevolutionäre Politik ist die wirksamste Antifa-Arbeit.

Das heißt, Basisarbeit und Kontakt mit dem Menschen in unserer Nachbarschaft. Durch ein Zusammenbringen von verschiedenen Kulturen, wie zum Beispiel auf Straßenfesten und der Gleichen bauen wir Ängste der Menschen ab. Und in der Basisarbeit wird durch gefestigte Diskussionen wieder ein Klassenstandpunkt und eine fortschrittliche Patriachats-, Kapitalismus- und Staatskritik geübt.

2. Ein offensiver antifaschistischer Selbstschutz ist notwendig.

Dies bedeutet Hegemonie-Aufbau im Stadtteil und Errichtung von nazifreien Gebieten. Durch die konsequente Bekämpfung faschistischer Organisationen und Strukturen, nehmen wir den Nazis die Luft zum Atmen. Es darf sich nicht an einzelnen Events, wie den Trauermärschen abgearbeitet werden.

In eurem Text zur „27 Jahre Klassenkampf im Kiez – Stadtfeld bleibt Widerständig!“ schlagt ihr einen proletarischen Stadtteilrat vor. Wie könnte der aussehen und was soll der machen?

Wie genau dieser unserer Meinung nach aussehen könnte, werden wir in den nächsten Wochen bekannt geben. Wie der Rat konkret aussehen wird, hängt natürlich auch von den Menschen ab, die sich daran beteiligen werden.

Ein Teil seines Auftrages sehen wir darin, dass dort Probleme egal welcher Art, hereingetragen werden und dann versucht wird, sie kollektiv zu lösen. Dabei soll auch eine Analyse der Lebensrealität unserer Klasse in Stadtfeld geschehen. Diese Probleme können unserer Meinung nach so vielfältig sein wie die Menschen selbst. Wir denken konkret zum Beispiel an Zwangsräumungen, Gerichtsvollzieher, Kommerzialisierung der Grünflächen, sexuelle und rassistische Übergriffe, allgemein kein sozialer Wohnraum etc. Wir wollen explizit keinen Wohlfühlkiez für alle erschaffen, sondern die Interessen unserer Klasse artikulieren und durchsetzen. Wichtig ist am Anfang nicht die Größe des Rates, sondern die Selbstorganisierung auf Augenhöhe ohne staatliche oder wirtschaftliche Einflussnahme. Wir wissen, dass der Aufbau von wirklichen Rätestrukturen ein langfristiges Projekt ist und vielfältige Probleme und Aufgaben mit sich bringt. Aber durch den bloßen Beginn des Rates machen wir einen Schritt hin zur Verwirklichung einer kollektivieren Lebensform.

Was sind eure aktuellen Kämpfe und Aktivitäten?

Im Moment sind wir sehr mit dem Kampf um den Erhalt des Infoladens-Stadtfeld eingebunden. Dies verbraucht im Moment leider einen Großteil unserer Kräfte, und wir versuchen über die Thematisierung von sozialer Verdrängung im Stadtteil nicht in eine klassische Freiraumkampagne zu fallen. Mithilfe der Kampagne für den Infoladen versuchen wir auch die Klassenkämpfe in Stadtfeld zu führen und somit unsere Stadtteilarbeit konkret zu machen.

Wir haben die Kampagne, gemeinsam mit anderen Strukturen und GenossInnen mit einer Kundgebung zum 3. Oktober 2017 in Magdeburg begonnen. Im Laufe der Monate haben wir verschiedene Interviews geführt, mehrere Vorträge in 5 verschiedenen Städten gehalten und mehrere Kundgebungen in Berlin und Magdeburg durchgeführt. Mit dem Auslaufen des Mietvertrages am 31.3. sind wir in eine neue Kampfphase eingetreten. In dieser neuen Phase geht es uns darum, den Druck auf die Vermietung noch weiter zu erhöhen und uns noch mehr im Stadtteil zu verankern. Dafür führen wir verschiedene Aktivitäten durch. Am 14. Mai sind wir z.B. mit anderen Genoss*Innen wieder nach Berlin gefahren, um direkt im Büro der Verwaltung nochmal vorbeizugucken. Für den Stadtteil sind wir in der Vorbereitung für das Straßenfest in der Alexander-Puschkin-Straße und dem jährlichen antifaschistischen Fußballturnier involviert.

Sobald die Probleme um den Infoladen sich wenigstens ein stückweit gelegt haben, werden wir mit dem Aufbau des Stadtteilrates beginnen.

Des Weiteren beteiligen wir uns bundesweit im Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen. Wir schreiben verschiedene Texte für die Zeitung Gefangenen-Info, nehmen bundesweite Treffen wahr, beobachten Prozesse, betreuen Gefangene, führen Gefangenenschreibtage durch und unterstützen angegriffene revolutionäre Projekte und Menschen.

Wir sind außerdem Teil des Solidaritätsbündnisses Kurdistan – Magdeburg und versuchen internationale Solidarität praktisch werden zu lassen.

Ein anderer Schwerpunkt ist die Teilnahme an einer bundesweiten Diskussion und den konkreten Aufbau einer neuen sozial-revolutionären Bewegung.

Achtet auf weitere Ankündigungen auf unserer Internetseite

Anfang Juni 2018 Proletarische Autonomie Magdeburg

Vielen Dank für das Interview

Wir danken euch auch!

PAF: Nein zum neuen Polizeigesetz!

In wenigen Monaten soll auch in Brandenburg das neue Polizeigesetz verabschiedet werden. Dies ist ein weiterer Schritt zur Faschistisierung des Staates. Das Land Brandenburg, sowie die restlichen Bundesländer, rechtfertigen die Gesetzesänderung durch die steigende Terrorgefahr. Mit den Worten, dass das Gesetz zum Schutz des Volkes gegen Terroranschläge äußerst wichtig sei, versucht der Staat die Menschen zu täuschen und zu befrieden. Doch eins ist klar die Terrorismusgefahr wird nur vorgeschoben, um diese quasi faschistischen Gesetze zu rechtfertigen und schneller umsetzen zu können. Diese Gesetzesänderung trifft nicht nur den „Terroristen“, sie trifft uns alle! Egal ob SchwarzfahrerInnen, MietaktivistInnen, RevolutionärInnen, Fußballfans, StraßenkünstlerInnen, QuerulantInnen… – es wird uns alle treffen! Sind die Gesetze erst einmal verabschiedet, so werden sie gegen jede und jeden in voller Härte ausgeübt, die in der kleinsten Form das System ablehnen oder gegen seine Regeln verstoßen. Die Polizei dient schon längst nicht mehr zum Schutz des Volkes, sondern dem Schutz der oberen Klasse, ihren Eigentum, dem Erhalt des staatlichen Gewaltmonopols und somit dem kapitalistischen System. Wie Mensch in der letzten Zeit beobachten kann, verschmelzen Militär und Polizeiorgane immer mehr miteinander. Es werden fortlaufend erweiterte Befugnisse für sämtliche Staatsgewalten gefordert und auch Praktisch umgesetzt. Ein Teil dieser praktischen Umsetzung ist zum Beispiel die Einführung der neuen Polizeigesetze der Bundesländer. Die Änderungen und die steigende Militarisierung dienen nur zum Schutz des Staates gegen die kommenden Massenunruhen die in Anbetracht der zu erwartenden Weltwirtschaftskrise und der sozialen Spannungen zu erwarten sind. Schon bei den Massenprotesten in Hamburg zum G20-Gipfel 2017 wurden quasi militärische Einheiten eingesetzt, welche unter Anordnung der Schussfreigabe Straßenzüge zurück erkämpfen sollten. Auch streikende Menschen werden in Deutschland immer mehr von dem faschistischen System bedroht, so wurde vor kurzem erst die Werksblockade des Streiks bei Halberg-Guss in Leipzig von Polizeihundertschaften aufgelöst und verboten. Als ein weiteres Beispiel lassen sich auch die massenhaft polizeilich unterstützten Zwangsräumungen nennen.

Diese Vorfälle zeigen wie Proteste gegen das Unrecht des kapitalistisches System durch Anwendung von Gewalt und Schusswaffen unter Kontrolle gebracht werden sollen. Wir dürfen uns von den faschistischen Machenschaften nicht einschüchtern lassen, es ist zur jetzigen Zeit umso wichtiger, dass wir uns gemeinsam organisieren, um uns als Klasse zu schützen, gemeinsam müssen wir organisiert gegen den Faschismus und den zutiefst patriarchalen Gedanken dahinter kämpfen.

 

Klassenbewusstsein entwickeln!
Klassenkämpfe entfalten!
Proletarische Autonomie erkämpfen!

Für die soziale Revolution!

Knastkämpfe in Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre (Teil 3)

Im letzten Teil unserer Reihe haben wir beschrieben, wie sich die Knastkämpfe in Italien immer mehr politisierten, vermassten und radikalisierten, bis hin zur Organisierung eigener politisch- militärischer Kerne wie die „Nuclei Armati Proletari „ (Bewaffnete Proletarische Zellen), Befreiungsaktionen und (versuchten) Massenfluchten. Der Staat versuchte darauf ab 1977 mit einer differenzierten Strategie der Spaltung, Zersetzung und schlussendlichen Zerstörung der Gefangenenbewegung zu reagieren. Es wurden Sondergefängnisse bzw. Trakte eingeführt, um die rebellischen Gefangenen und eingeknasteten Guerilla- KämpferInnen vom Rest zu trennen. Trennscheibe bei jeder Art von Besuchen wurde zum Standard. Dadurch entwickeln sich so zwei parallele Gefängnis- Regimes, das eine mit täglicher (physischer und psychischer)Gewalt und Folter (in Novara intervenierte sogar die Kirche empört) und das anderen mit „großzügigen“ Freiheiten und heimlichen Belohnungen, um die Differenzierung zusätzlich zu erhöhen. Im „normalen“ Vollzug entwickelte sich ein geheimes System aus Vergünstigungen und Freiheiten, wie Freigänger und Bewährung aber immer verbunden mit der Drohung diese Vergünstigungen bei „unangemessenem“ Verhalten ins Gegenteil zu verkehren.

Diese „lockere“ Behandlung, die der Staat an den Tag legte und ein paar tausend Extralegalen die Freiheit „schenkte“ ,war der Preis den der Staat bereit war zu zahlen, damit sich die Gefangenenbewegung nicht weiter ausbreitet und die Kontakte nach draußen stärker werden.

Die beschriebenen Entwicklungen zwang die Gefangenenbewegung zu einer Zeit der Reflexion über ihre nächsten Schritte und Ziele, sowie ihrer Organisierungs- und Kampfformen. Ihre Strukturen mussten unter diesen Umständen klandestiner werden. Die Zeit nach der Inbetriebnahme der Spezialgefängnisse und -Trakte war eine sehr schwere, für die gefangenen GenossInnen, da die Diskussionen und der Austausch unter sehr rigider Isolation geführt werden mussten. Selbst die Zellen wurden über ein Überwachungssystem der Geheimdienste akustisch abgehört, wodurch die Diskussionen nur schriftlich erfolgen konnten.

Die Gefangenen kamen mehr, mehr zu der Einsicht, dass sie ohne massive Unterstützung von außen in ihren Kämpfen nicht weiter kamen. Andererseits fühlten sie sich von den GenossInnen draußen unverstanden, was die Dimension des Angriffes auf ihre Lebenssituation in Sonderknästen an ging. Zu groß waren die Unterschieden zu den bisherigen Erfahrungen und zu unterschiedlich die verschiedenen Haftbedingungen in den einzelnen Sonderknästen und –Abteilungen.

Durch die „Frühlingskampagne“ der Roten Brigaden 1978 entwickelten sich günstigere Bedingungen die Kämpfe in den Knästen für bessere Lebensbedingungen wieder aufzunehmen und das Kräfteverhältnis zwischen Gefangenenbewegung und Knastregime zu verschieben.

Im Massenprozess in Turin im Juli 1978 verlesen die angeklagten MilitantInnen der Roten Brigaden die Erklärung Nr. 14, ein „sofortiges Programm“. Dieses Programm fasste die Diskussionen innerhalb der Knäste, hauptsächlich der Sonderknäste und –Trakte zusammen. Es zielte auf die Verbesserung der Lebensbedingungen drin und soziale Verbindungen nach draußen (freier Postverkehr, keine Zensur, keine Trennscheibe usw.). Die „Differenzierte Behandlung“ sollte aufhören und alle Sonderknäste und –Abteilungen geschlossen werden. Auf dieser Basis schlugen die Gefangenen die Aufnahme eines neuen Kampfzyklus vor, mit einer starken Verbindung der Kämpfe drin und draußen.

Dieser neue, harte und lange Kampfzyklus begann schon bei Verlesung des Communiqués, welche in Tumulten im Gerichtsaal, vor und im Gebäude endete. Zwischen Juli und August 1978, beginnend in Asinara und sich dann auf die anderen Sonderknäste und –Trakte ausbreitend mobilisierten Massen von Gefangenen zum Kampf. Dadurch unterstrichen sie die Forderungen des Communiqués Nr. 14. Sie sahen ihre Bedürfnisse, eigenen Forderungen und die dringendsten Notwendigkeiten darin artikuliert.

In den Sonderkäste entwickelten sich unterschiedlichste Kämpfe in Wellen, wobei sich diese kontinuierlich ausbreiteten. In allen größeren Städten Italiens fanden Solidaritätsaktionen statt, die die Einheit der Bewegung drin und draußen verwirklichten. Die Aktivitäten waren sehr kämpferisch und vielfältig. Sie reichten von Demostrationen, militanten und bewaffneten Aktionen, Transparenten, Graffitis, bis hin zu Pressekonferenzen, auf denen Familienangehörigen der Gefangenen über die Misshandlungen, denen sie selbst ausgesetzt waren, berichteten. Die Kämpfe der Gefangenen weiteten sich auf den „Normalvollzug“ und die kleineren Knästen in Kleinstädten aus. Überall wo die Widerständigen die Stärke dazu hatten, gründeten sie Kampfkomitees. Diese bestanden aus Delegierten aller Abteilungen, den „Normalen“, den „Speziellen“ und auch den Frauenabteilungen.

Die Strategie des Staates, die widerständigen Gefangenen physisch zu isolieren, um sie so auch politisch zu isolieren erfährt vorerst eine Niederlage. Die Gefangenen entwickeln in ihren Kämpfen trotz der Isolierung eine politisch- ideologische und praktische Einheit. Über acht Monate des Kampfes und nicht enden wollende Mobilsierungen zu den Inhalten des „sofortigen Programm“ drin und draußen hatten es geschafft die Trennung zwischen „normalen“ und „speziellen“ Gefangenen aufzuheben. Die Widerständigen erkämpften sich „relative Freiheiten“. Die Gefangenenbewegung ließ in dieser Situation nicht nach, es ging um alles – die Zerstörung der Knästen, die Freiheit!

Im gesamten Jahr 1979 konsolidierten sich die Kampfkomitees weiter und entwickelten eine immer höre Schlagkraft. Dank der Komitees war eine Organisierung der eigenen „Freizeit“ möglich, vom gemeinsamen Sport, bis hin zum Studium. All diese Bereiche wurden durch sie abgesichert. Die Gefangenen bereiteten sich auf die kommenden Kämpfe und Revolten vor. Im Sonderknast Asinara zum Beispiel, rüsteten sich die Kampfkomitees mit selbst gebauten Waffen aller Art. Darüber hinaus gab es einen intensiven Austausch mit der Bewegung draußen, mit den verschiedenen auch politisch- militärischen Gruppen in der Nähe der Knäste. Und dies in politischer aber auch praktischer Hinsicht, was die Fluchten, als auch Aufstände anging. Im Verlauf des Jahres 1979 gelang fünf Gefangenen die Flucht aus einem Sonderknast in Turin. An der Vorbereitung waren die Kampfkomitees, welche über 1000 Gefangene mobilisieren konnten, maßgeblich beteiligt. Aber es zeigte sich auch, dass die Gefangenen bei ihren Flucht(versuch)en auf Unterstützung von außen angewiesen waren.

Entscheidungsschlachten und das Abflauen der Bewegung

Im September 1979 wurde ein Militanter der Roten Brigaden schwer verwundet und verhaftet. Bei sich trug er Dokumente einer Diskussion zwischen drin und draußen bezüglich einer Massenflucht aus dem Sonderknast Asinara. Der Staat reagierte sofort und entledigte sich der durch die Gefangenenbewegung in Jahren erkämpften Rechte. Intensive Razzien in den Knästen begleiteten die Maßnahmen des Staates. Die Antwort der Kampfkomitees wiederum darauf erfolgte genauso unverzüglich. „Schließung der Sonderknäste und –Abteilungen!“ war die Parole, Aufstand und Zerstörung das Mittel. Die sogenannte Schlacht des 2. Oktober in Asinara verwirklichte die Parole. In diesem Sonderknast waren zu diesem Zeitpunkt 60 Gefangene inhaftiert, ca. 40 Militante verschiedener bewaffneter Gruppen und ca. 20 soziale Gefangene, die als besonders gefährlich galten. Alle beteiligten sich an diesem harten Aufstand, bei dem die Kämpfenden aus Espressomaschienen gebaute Sprengsätze einsetzten, während von Bullen und Militär mit Tränengas und scharfer Munition auf sie geschossen wurde. Nur die starken Barrikaden verhinderten Tote. Der Aufstand hatte das Ziel, durch die vollständige Zerstörung eine Verlegung auf andere Anstalten zu erzwingen. Es gelang zwar den Knast fast völlig zu zerstören, aber Asinara blieb vorerst in Betrieb und wurde wieder aufgebaut. Viele Millionen Lire wurden vom Staat aufgebracht das Gefängnis wieder herzurichten, wobei sich der damalige Knastdirektor und Offiziere der Carabineri und natürlich die Bauunternehmen anständig die Taschen stopften. Dies ist durch Gerichtsakten belegt. Die Schlacht des 2. Oktober wurde zum Symbol der Knastkämpfe dieser Zeit.

Der Druck der Bewegung drin und draußen, reicht nicht aus, um das Problem der Sonderknäste zu lösen. Dabei entsteht eine gewisse Distanz zwischen Gefangenenbewegung und Guerilla , was auf die unterschiedlichen Blickwinkel und Realitäten zurück zu führen ist. Die Behandlung der Gefangenen erreichte nach dem Aufstand eine nicht gekannte Brutalität und Unmenschlichkeit. Tägliche Prügel, Diebstahl persönlicher Gegenstände, Isolation nach innen und außen wurde vielerorts und vor allem in Asinara wieder zum Standard. Im selben Jahr noch wird der Sonderknast in Palmi in Betrieb genommen. Seine besondere Eigenschaft besteht darin, dass hier nur Angehörige der bewaffneten Gruppen der Linken (NAP, BR, FAC, PL, UCC, NAPAP, FCC und Autonomiabewegung) konzentriert sind. Palmi war das Laboratorium des Knastregimes um alle Teile der Bewegung zu studieren. Ziel ist es die die einzelnen Militanten und Organisationen sowie deren Widersprüche, Kultur und Theorien, bis hin zu den sozialen Beziehungen untereinander zu analysieren. Die gewonnen Informationen bildeten die Grundlage für die weitere Zersetzung und Spaltung.

Gleichzeitig eröffnet der Sonderknast von Ascoli Piceno, in dem die rebellischsten und „gefährlichsten“ extralegalen ProletarierInnen konzentriert wurden, mit demselben Ziel. Die Ausdifferenzierung führt zur Einführung verschiedener Kreise. Die Gefangenen werden abhängig von ihrer Herkunft und ihrem Verhalten eingeordnet. Der jeweilige Kreis bestimmt die Haftbedingungen. Vom Verhalten des Gefangenen hängt ab, ob er die Kreise wechseln kann. Im ersten Kreis befindet sich die Masse der Gefangenen in den großen und kleinen, „normalen“ Knästen und Irrenhäusern. In den zweiten Kreis werden die rebellischen Gefangenen und ein Teil der gefangenen KommunistInnen und AnarchistInnen in getrennten Abteilungen eingeordnet. Im dritten Kreis wurden die rebellischsten und „gefährlichsten“ Extralegalen, die Köpfe der gefürchteten Banden, sowie die standhaftesten der bewaffneten, revolutionären Gruppen konzentriert. Die einen kamen nach Ascoli, die anderen nach Palmi. Hinzu kam das schon erwähnte System aus Vergünstigungen und Strafen. Im Laufe der 1980er Jahre kam diese Counterstrategie voll zum Tragen. Vorher allerdings kommt es zum letzten großen Aufbäumen der Gefangenenbewegung im Zusammenhang mit der Guerilla. In den Jahren 1980 und 1981 kommt es zu größeren Aktionen und Revolten in den Knästen von Nuoro, Voltera, Fossombrone und Trani. Die Hauptforderungen bleiben die Schließung der Sonderknäste und –Abteilungen, sowie ein Ende der Differenzierung. Zur selben Zeit versuchen gefangene Guerilla- KämpferInnen und Extralegale bewaffnet eine gemeinsame Flucht aus dem Knast San Vittore in Mailand. Diese werden in den umliegenden Straßen gestellt, zum Teil durch Schusswunden schwer verletzt und wieder gefangen genommen. Im Dezember 1981 entführen die Roten Brigaden den Minister und Richter D’Urso und erzwingen gegen seine Freilassung die Schließung des Sonderknastes Asinara. Kurz darauf bricht im Knast von Trani ein Aufstand der Gefangenen los. Dieser wird äußerst hart und brutal niedergeschlagen. Dutzende Gefangene und Geiseln werden bei der Erstürmung schwer verletzt, 15 Gefangene erleiden Schusswunden. Die Roten Brigaden reagieren darauf wiederum mit der Erschießung des verantwortlichen Carabinieri- General Gavaligi wenige Tage später.

Nach diesen Ereignissen und mit dem Greifen der Differenzierungspolitik des Staates ebbte die Gefangenenbewegung ab und beschränkte sich zunehmend auf symbolischen Protest. Die Zeit der großen Schlachten war vorbei. Parallel zum Niedergang der revolutionären Bewegung und Guerilla, mussten auch die Kampfkomitees, sowie die Gefangenenbewegung insgesamt immer schwächer werden. Ohne eine starke Bewegung draußen, die Öffentlichkeit und Druck schafft, und dies auf allen Ebenen verlieren die Gefangenen ihren Schutz. Es muss auch festgestellt werden, dass ohne Widerstände drinnen wie draußen, und einer „ruhigeren Situation“ in den Gefängnissen, der Staat die Konditionen der Gefangenen wieder verschlechtert. So beschert der in „ruhigen“ Zeiten eingeführte Artikel 90 den Gefangenen in den Sondergefängnissen wieder drastische Einschränkungen (Besuche nur mit direkten Verwandten, keine Pakete von draußen, nur drei Bücher auf Zelle,…).

Zu Fragen wäre welche Wirkungen diese Kämpfe auf die heutige Situation haben, welche Positionen zum Allgemeingut der Gefangenen geworden sind. Was können wir aus ihnen lernen? Festzuhalten ist:

  1. Es für mehr Rechte in den Knästen eine Selbstorganisierung der Gefangenen geben muss.
  2. Es eine starke Verbindung der Kämpfe drin und draußen geben muss.
  3. sich die Situation der Gefangenen ohne Widerstand stets verschlechtert.

Wir hoffen wir konnten euch mit unserem Text einen kleinen Einblick in die Knastkämpfe in Italien dieser Zeit gewähren.

Ende

(im nächsten und letzten Teil, Exkurs NAP, gehen wir auf die „Nuclei ArmatiProletari „ ein)

Repression, Rechtsruck und Aufrüstung entgegentreten!

Ein Jahr nach dem G20-Gipfel 2017 und den erfolgreichen Protesten und Kämpfen gegen diesen befindet sich Deutschland im Sicherheits-Wahn. Wo es nur geht wird aufgerüstet und mit Verboten und Überwachung das alltägliche Leben eingeschränkt. Der neue Innen- und Heimatminister Horst Seehofer hat bereits angekündigt, dass es noch im laufenden Jahr zu massiven Angriffen auf die Grund- und Freiheitsrechte aller kommen wird. Das vor wenigen Wochen in Bayern beschlossene neue „Polizeiaufgabengesetz“ soll dabei als Schablone für die neuen Gesetze in allen Bundesländern dienen. Die neue Qualität liegt darin, dass hiermit fundamentale Rechtsgrundsätze außer Kraft gesetzt werden: So wird die Polizei durch das Konstrukt der „drohenden Gefahr“ ermächtigt, Menschen ohne Gerichtsbeschluss und nur aufgrund von Vermutungen einzusperren. Damit wird Polizeiwillkür rechtlich legalisiert. Der Ausnahmezustand, der angeblich gegen den Terror eingeführt wurde, wird sich nun gegen jede Störung des kapitalistischen Alltags und damit auch jede BürgerIn richten. Parallel dazu werden die Rüstungsausgaben um dutzende Milliarden erhöht und sollen in den kommenden Jahren weiter steigen. Das kapitalistische System bereitet sich präventiv auf kommende Krisen vor.

Die Hetze in Politik und Medien gegen jegliche linke und fortschrittliche Politik hat ein ungeheures Ausmaß erreicht. Nicht zuletzt auch durch die Öffentlichkeitsfahndung der sogenannten SoKo „Schwarzer Block“, welche mehr als 200 Menschen einer öffentlichen Hetzjagd preisgab. Kein Zufall – gerade jetzt, wo offenbar wird, dass das kapitalistische System immer weniger funktioniert und immer weniger Menschen nützt und eine Alternative geschichtlich möglich und nötig ist wie nie zuvor. Gleichzeitig kümmert sich niemand um die hunderten untergetauchten Neonazis, die tausenden legal bewaffneten Faschisten und die hunderten von rassistischen und ausländerfeindlichen Angriffe auf Menschen und Unterkünfte. Jetzt geht es darum, den zunehmenden autoritären, rassistischen und fremdenfeindlichen Bewegungen in der Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.

Um ein deutliches Zeichen gegen Repression, Rechtsruck und Aufrüstung zu setzen, rufen wir zum Jahrestag des G20-Gipfels zu bundesweiten Aktionstagen vom 2.-8. Juli auf. Seit kreativ und zeigt durch vielfältige Aktionen, Kundgebungen, Graffiti, Banner und vieles mehr, dass wir diese Angriffe auf unsere Rechte und Freiheiten nicht kampflos hinnehmen werden. Ganz im Gegenteil, braucht es eine starke Bewegung gegen Krieg, Faschismus und Kapitalismus und für andere Verhältnisse, die nur jenseits davon möglich werden!

Aufrufende Gruppen (Stand 19.06.):

Kommunistischer Aufbau

Kommunistische Jugend

Proletarische Autonomie Finsterwalde

Proletarische Autonomie Magdeburg

Siempre*Antifa Frankfurt

Knastkämpfe in Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre (Teil 2)

Wie wir im ersten Teil herausgearbeitet haben, intensivierten sich die Knastkämpfe in Italien Ende der 1960er vor dem Hintergrund der Aufbrüche der sogenannten 68er- Bewegung. Anfang der 1970er Jahre steigerten sich diese Kämpfe für eine Reformierung der Knastgesetze erneut und bekamen einen immer kollektiveren Ausdruck. Die dafür ausschlaggebenden Faktoren sind unter anderem in den Inhaftierungen vieler kämpfender StudentInnen und Militanter bewaffneter Gruppen, sowie der sich daraus ergebender Teilnahme dieser an den Knastkämpfen zu suchen. Die gefangenen Linken brachten ihre Ideen und Reflexionen für eine klassenlose und herrschaftsfreie Gesellschaft mit ein. Aus dieser solidarischen Auseinandersetzung sollte eine explosive Mischung entstehen, durch welche die Eingekerkerten noch intensiver für ihre Rechte als Gefangene ProletInnen und für eine solidarische Gesellschaft kämpften. In den großen Knästen, in denen die Konzentration von Gefangenen am höchsten war, wurden gemeinsame Positionen erarbeitet, die dann auf die Knäste im ganzen Land überschwappten. Diese Entwicklung wurde von revolutionären Kräften außerhalb der Knäste, wie „Lotta Continua“ (der Kampf geht weiter) und „ Soccorso Rosso“ (Rote Hilfe) unterstützt. Die genannten Gruppen entfalteten intensive Diskussionen und eine gemeinsame Praxis mit den haftentlassenen extralegalen ProletarierInnen, was z.B. zur Gründung von Zeitschriften führte, welche die Knastkämpfe und die Positionen der Gefangenen thematisierten und eine große Verbreitung innerhalb der Linken erreichten.

Zu Beginn setzte die Gefangenenbewegung auf „legale“ Forderung, wie Reformen und Amnestien. Der Staat und die Gefängnisleitungen regierten auf diese ausschließlich mit Gewalt und Unterdrückung. Sie hatten keinerlei Bereitschaft zum Dialog. Anderes war auch nicht zu erwarten. Reagierte der Staat und seine Repressionsorgane schon auf Forderungen der ArbeiterInnen (draußen) mit Bomben und allen möglichen Formen des Staatsterrorismus, fällt es nicht schwer zu erahnen, wie auf die berechtigten Forderungen der Gefangenen geantwortet wurde.

Als 1971 die großen Knäste, welche 1969 von den Eingekerkerten zerstört wurden (wie z.B. in Turin) wieder in Betrieb genommen wurden, begannen die dort Inhaftierten diese erneut zu zerstörten. Diese Revolten weiteten sich nun auch auf kleinere Knäste in den Provinzen aus.

Die Gefangenen begannen sich in kleinen Gruppen zu organisieren. Die Zusammensetzung dieser Gruppen hing von der Aufteilung in den Gefängnissen durch die zuständigen Richter ab. In diesen Strukturen begannen die gefangenen ProletarierInnen politische, soziale und kulturelle Analysen zu entwickeln. Dies war die Geburt der Studiengruppen und Selbstorganisierungen der Gefangenen, welche die kommenden Kämpfe initiierten. Durch die schon erkämpften Rechte war es jetzt auch möglich viel Literatur die früher in den Knästen verboten war zu lesen, zum Beispiel Bücher und Texte der schwarzen Befreiung (Black Power , Black Panter, Malcom X , Georg und Johnatan Jackson) oder Ho Chi Min, Giap aber auch Guevara, Mao Tse-tung und Frantz Fanon. Gleichzeitig entwickelten sich im Gefängnis von Perugia rege Diskussionen über Theorie und Praxis einer Stadtguerilla, welche für die Interessen des extralegalen und gefangenen Proletariats kämpfen sollte. Die Pantere Rosse (Rote Panter) wurden geboren. Als diese Erfahrung sich mit der revolutionären Bewegung von Neapel vereinte, erblickte die NAP das Licht der Welt. Die „Nuclei ArmatiProletari „ (Bewaffnete Proletarische Zellen) war eine bewaffnet kämpfende Gruppe, die von 1974 bis 1977 außerhalb, wie innerhalb der Gefängnisse operierte (dazu mehr im kommenden Beitrag: „Exkurs NAP“). Die NAP ging nach 1977 in den Roten Brigaden (BR) auf.

Der Eintritt in die BR basiert auf den vielen gemeinsamen Erfahrungen und Kämpfen, auf theoretischen und praktischen Diskussionen der GenossInnen beider Organisationen drinnen und draußen.

Im Jahr 1973 nehmen mittlerweile so viele Inhaftierte an den Kämpfen teil, dass der italienische Staat darauf mit dem berühmten „Tanassi- Henke Rundschreiben“ reagiert, welches Sondereinheiten des Militärs für die Niederschlagung der Aufstände und Revolten erlaubt. Die Forderungen der Gefangenen blieben nach wie vor die Änderung veralteter Paragraphen (oft noch aus der Zeit des Faschismus), Schluss mit jeder Form von Zensur der Post, Zeitschriften und Bücher, Wahlrecht, Recht auf Sexualität usw.

Ebenfalls im Jahr 1973 entsteht im Turiner Knast die Plattform der Gefangenen, deren Positionen die ganze italienische Gefängniswelt aufrütteln wird. Hier wurden auch die neuen Kampfformen erarbeitet, wie totaler Streik der Knastarbeit, Besetzung und Verteidigung der Höfe nach den „Freistunden“, Verweigerung bei Gerichtsprozessen zu erscheinen usw. Die Zerstörung des Gefängnisinventares bleibt der am meisten verbreitete Protest, ist sie auch Ausdruck der instinktiven Ablehnung des ganzen Knastsystems mit all seinem Leid.

Sehr wichtig waren auch die Bildung von Kommissionen aus Delegierten aller Knastsektionen, sowie der Austausch mit revolutionären und radikalen, linken Organismen außerhalb der Gefängnisse, um diese in gemeinsame Kämpfe zu involvieren.

Die Gefangenenbewegung konsolidierte sich in den Gefängnissen und auch nach außen entwickelten sich stabile Beziehungen zu großen und kleinen Viertelkomitees, Fabrikversammlungen, außerparlamentarischen Gruppen, politischen Kollektiven, Kulturzirkeln, sowie einzelnen Genossen und Genossinnen. Auch das Theaterkollektiv „La Comune“ aus Mailand unterstützte politisch und finanziell die Bewegung.

Auch die Repression steigerte sich in dieser Zeit immer mehr, bis im Februar 1974 mit Maschinengewehren auf Gefangene geschossen wurde, die aus Protest auf ein Dach gestiegen waren und dieses besetzt hielten. Der 20 jährige Giancarlo del Padrone starb sofort und weitere junge Gefangene wurden schwer verletzt. Nur 3 Monate später führte die harte Haltung des Staates gegenüber der Gefangenenbewegung und deren Forderungen zu weiteren Toten. Als in Alessandria drei Gefangenen Geiseln nehmen, stürmt eine Sondereinheit der Carabinieri den Knast, tötet 2 Gefangene und verletzt einen weiteren Gefangenen schwer. Bei dieser Aktion sterben außerdem 5 Geiseln und weitere 14 Geiseln wurden verletzt. Während die Exzesse an den Gefangenen nicht auf diese 2 Episoden beschränkt blieben und weiter gingen, begannen Politiker damit Dialogbereitschaft zu heucheln. Auch dies blieb eine hinterhältige Methode des Staates, denn kurz vor Besuchen dieser Politiker in den Anstalten wurden die Avantgarden der Kämpfe zwangsverlegt. Doch die Gefangenen lassen sich auf dieses schmutzige Spiel nicht ein. Durch kollektive, solidarische Aktionen erzwingen sie Rückverlegung ihrer rebellischen „Kollegen“.

 

Für jeglichen Dialog, hätte die repressiven Maßnahmen seitens des Staates aufhören müssen, aber das passierte zu keinem Moment. Wir können also sehen, wie die Haltung der Gefängnisleitungen und des Staates auf dem politischen Niveau hinterhältiger wurden und auf dem militärischen Niveau harter und blutiger.

Die Kämpfe der Gefangenen radikalisieren sich und die Guerilla greift ein

Nachdem den Gefangenen immer klarer wurde, dass sie mit den bisherigen Methoden keine wesentliche Verbesserung ihrer Lage erreichten und angesichts der hohen Strafen, stellt sich die Frage nach Erweiterung der Kampfformen. Die Gefangenen waren nicht weiter gewillt, sich kampflos massakrieren zu lassen. Der Punkt auf den sich die Diskussion einigte war die Wiederaufnahme der Kämpfe, in enger Zusammenarbeit mit den politischen freundlich gesinnten Gruppen außerhalb der Knäste und mit den politisch-militärischen Kräften der Guerilla.

Im Oktober 1974 verüben die NAP ihre erste Aktionen in dem sie Gefängnisse mit Propaganda- Aktionen angriffen. Dabei wurden Autos mit Megafonen präpariert und diese vor den Gefängnissen in Mailand, Rom und Neapel platziert, eine Botschaft abgespielt und anschliessend die Fahrzeuge zur Explosion gebracht. In besagter Botschaft hieß es unter anderem: „Wir haben keine Alternative entweder kämpfen und revoltieren oder langsam verrecken in den Gefängnissen, Ghettos, Irrenhäuser, in die uns die bürgerliche Gesellschaft sperrt …“ Diese ersten Aktionen der NAP und ihre Propaganda erweckten sofort Sympathien bei dem gefangenem und extralegalem Proletariat. Das ganze geschah in Zusammenhang mit der Wiederaufnahme der Kämpfe innerhalb der Knäste. Die Gefangenenkämpfe bekamen andere Formen als in den Wellen zuvor. Konzentrierten sich die Aktionen der Eingeknasteten bis dahin auf Sachbeschädigungen und symbolischen Protest und eben nicht auf Angriffe auf Direktoren und Schließer, änderte sich dies. Die Verantwortlichen dankten es den Gefangenen eh nur mit Massakern und Schießbefehl. Wärter, die dieses brutale Spiel nicht mitspielten, also unmenschliche Befehle verweigerten, wurden umgehend suspendiert und ausgewechselt. Immer häufiger kam es nun zu Geiselnahmen, manchmal auch „nur“ um sich in Knäste nahe der eigenen Familie verlegen zu lassen. Knüppelhiebe der Wärten wurden ab jetzt mit Messerstecherei der Gefangenen beantwortet. Die direkten körperlichen Auseinandersetzungen zwischen Anstaltspersonal und Eingekerkerten wurden zum Alltag.

Diese Radikalisierung der Kämpfe passierte entgegen der Absprachen zwischen Gefangenenbewegung und den politischen Strukturen draußen. Die gefangenen ProletInnen waren es einfach müde, zum Krüppel geschlagen zu werden für selbstverständliche Forderungen, wie Ende des Eimers als Toilette, oder ein Ende der Zwangsfixierungen in den sogenannten Bunkern (Bestrafungszellen). Die beschriebene Entwicklung hatte zur Folge, dass die einst starke Unterstützung der Bewegung außerhalb der Gefängnisse immer mehr abnahm. Nur die Guerilla verstärkte ihren Support für das gefangene Proletariat.

Die Erstürmung des Gefängnisses Casale Monferrato im Piemont durch die Roten Brigaden, bei der sie einen ihrer gefangenen Militanten befreite beflügelte die Phantasie und den Kampfeswillen vieler Gefangener. Es folgten immer mehr (Massen-)Ausbrüche und Befreiungsaktionen.

Der italienische Staat reagiert ab 1977 auf den Kampfzyklus der Gefangenen, ähnlich wie andere NATO- Staaten mit einer differenzierten Strategie der Spaltung der Gefangenenbewegung. Vorbild dieser Strategie waren die Counter- Insurency- Programme der USA, mit welcher diese schon die Black- Power- Bewegung und andere revolutionäre Organisationen der US- amerikanischen Linken innerhalb und außerhalb der Knäste zerschlagen hat. Ziel dieser Strategie war es unter anderem die politischen und rebellischen Gefangenen von der Masse zu trennen und gesondert zu inhaftieren. Der Einfluss der Revolutionäre und Rebellen auf die anderen Gefangenen sollte unterbunden werden. Entsprechend wurden Sondergefängnisse eingerichtet. Hier wurden die Kampfavantgarden, Gefangene der Guerillaorganisationen aber auch Gefangene, deren die Flucht gelang oder es auch nur versuchten, konzentriert. In diesen Knästen herrschten von Anfang an harte Bedingungen und eine Isolierung nach außen, um die Gefangenen zu brechen und ihre politischen Ideale zu zerstören. Diese Sondergefängnisse wurden von schwerbewaffneten (Kriegswaffen) Carabinnieri mit gepanzerten Fahrzeugen patrolliert.

Die sogenannte Operation „Camoscio“ wurde von General Dalla Chiesa geleitet und vom damaligen Minister Andreotti persönlich überwacht.

 

Die Verantwortlichen genossen die Unterstützung aller politischen Institutionen und hatte von Anfang an das Ziel mit allen Mitteln die Bewegung der Gefangenen zu zerstören und im Besonderen die gefangen genommenen Guerilleros zu brechen. Es waren die Gefangenen der NAP, welche die neuen Sonderknäste bzw. Sonderabteile, konkret auf der Gefängnisinsel Asinara einweihten. In Asinara waren die „Hafträume“ nicht größer als Einzelzellen, doch waren in ihnen 3-4 Gefangene eingepfercht. An den Fenstern waren zusätzlich zu den Gittern sogenannte Sicherheitsbleche angebracht, durch deren kleine Löscher nicht nur kein Licht in die Zellen kam, sondern dort auch keine Luft zirkulieren konnte. Es herrschten also sehr harte Bedingungen.

Im selben Jahr kam es zum Prozess gegen AktivistInnen der NAP in Neapel. Der Prozess war von harten Kämpfen, vor allem in den Städten begleitet. Es kam zu Demos in offener Unterstützung des bewaffneten Kampf, Massenangriffen auf Zeitungsniederlassungen, täglichen und harten Konfrontationen zwischen Angeklagten und Bullen in Gerichtssälen und Sicherheitszellen. Die Prozesse waren überfüllt aus Sympathie für die Angeklagten. Hunderte UnterstützerInnen wurde verhafte.

Die NAP griff in diese Kämpfe mit der Aktion gegen Alfonso Noce, Direktor der Gefängnissicherheitsdienste in Lazio (Region um Rom) mit ein. Bei dem Angriff starben neben zwei Bullen, der NAP- Militante Martino Zicchitella. Während des Prozesses befreiten die NAP darüber hinaus zwei ihrer mitangeklagten Militanten aus dem Frauenknast in Pozzuoli.

Nach diesem Gerichtverfahren wurden alle Angeklagten in den Sonderknast Asinara verlegt.

 

Fortsetzung folgt

PAF: Interview vom Infoladen „Black-Mask“

Wer sind Wir?
Wir sind ein kollektiver Zusammenschluss von anarchistisch – kommunistisch geprägten  jungen Menschen aus Finsterwalde. Wir sehen uns alle mit der ArbeiterInnenklasse verbunden, sowie mit allen sozialrevolutionären und antipatriachalen Kämpfen auf der ganzen Welt.

Seit wann gibt es Uns?
Uns gibt es jetzt schon mehrere Jahre, im September 2014 eröffneten wir den Infoladen „Black-Mask“ in der Oscar-Kjellberg-Straße 28. Vorher existierte der Infoladen im „Spätkauf & Infoladen Kollektiv“ welches 2012 in der Langen Straße gegründet wurde.

Was kann man sich unter dem Infoladen vorstellen?
Der Infoladen ist im Grunde ein sozialer Treffpunkt für Gruppen aus verschiedenen  Spektren aus der politischen Widerstandsbewegung, Menschen aus der Nachbarschaft, teilweise geflüchtete Menschen und vor allem Jugendliche. Der Infoladen ist aber auch ein Anlaufpunkt, um sich politisch weiterzubilden und um neue Menschen kennenzulernen, die dieselben Ziele verfolgen.

Warum der Name „Black-Mask“?
Wir haben uns bei dem Namen von der indigenen Befreiungsbewegung in Chiapas – Mexiko, den Zapatisten inspirieren lassen.  Für sie ist die Maske nicht nur ein nützliches Werkzeug zum Selbstschutz, sondern auch ein Symbol gegen die Personalisierung ihres Kampfes. Hinter der Maske kann jeder unterdrückte Mensch stecken, sinngemäß sagen sie

„…wenn ihr sehen wollt wer hinter der Maske versteckt ist, schaut in einen Spiegel und seht euch Selbst an…“

Für uns ist die Idee einer besseren Welt wichtig und diese Idee darf nicht von einzelnen Menschen abhängig sein.

Was gibt es bei Uns und wann haben Wir geöffnet?
Bei Uns im Infoladen „Black-Mask“ bekommt ihr aktuelle Zeitschriften und Bücher aus unterschiedlichen politischen Spektren. Aktuelle Flyer und Plakate, Revolutionsbedarf, Aufkleber und einiges mehr. Wir bieten euch aber auch die Möglichkeit, euch zu treffen und sich auszutauschen oder kleine politische Veranstaltungen durchzuführen. Wir haben für euch jeden Dienstag und Donnerstag von 16:30 Uhr bis min. 18:30 Uhr geöffnet.

Warum ein Infoladen in Finsterwalde?
Finsterwalde ist schon seit dem zweiten Weltkrieg eine antifaschistische Arbeiterstadt, welche sich 1945 durch Widerstandskämpfer teilweise selbst befreite. Die antifaschistische Widerstandsbewegung in Finsterwalde entwickelt sich bis heute immer weiter und prägte bisher viele ArbeiterInnen und Arbeitslose. Wir wollen mit dem Infoladen „Black-Mask“ einen öffentlichen Raum für all diejenigen bieten, die sich mit unserer Klasse verbunden fühlen, aber gleichzeitig bieten wir auch ein Rückzugsort. Mit Rückzugsort meinen wir einen Ort frei von Faschismus, Rassismus, Sexismus und Homophobie, was in der heutigen Gesellschaft an öffentlichen Orten oft gang und gäbe ist.

 Was sind unsere Ziele und warum?
Wir wollen einen sozialen politischen Raum erschaffen, in dem wir als Unterdrückte zusammen kommen können, um uns auf Augenhöhe zu begegnen und miteinander über unsere Probleme ins Gespräch zu kommen. Außerdem wollen wir Infrastruktur zur Verfügung stellen, für Menschen die sich Treffen und Organisieren wollen. Am Wichtigsten aber soll der Infoladen ein Ort des Kampfes sein, in dem wir alle uns gemeinsam selbstorganisieren können gegen Patriarchat, Kapitalismus und Rassismus.

Kontakt und Informationsmöglichkeiten
Die aktuellsten Themen und Veranstaltungen findet ihr auch immer online unter:

  • proletarischeautonomie.noblogs.org
  • infoladenblackmask.noblogs.org

Den Infoladen „Black-Mask“ findet ihr in der Oscar-Kjellberg-Straße 28, 03238 Finsterwalde.
Ihr könnt uns aber auch unter folgender E-Mail Adresse erreichen:

  • infoladen-fiwa@riseup.net

Diskussionsbeitrag „neue sozialrevolutionäre Bewegung“

Nicht nötig ist’s nach Schritt und Takt gemeinsam vorwärts zu marschieren, erst wenn der Hahn der Flinte knackt, dann miteinander zugepackt und nicht den Nebenmann verlieren.“ E.Mühsam

Ohne große Umschweife wollen wir gleich in die Debatte einsteigen. Wir befürworten stark die seit einiger Zeit und momentan wieder verstärkt laufenden Diskussionen um eine Neuausrichtung von revolutionärer Politik und deren Organisierung bundesweit. Wir wollen diese Diskussion mitgestalten und unsere eigene Perspektive mit einfließen lassen. Dazu werden wir skizzenhaft auf einige Punkte eingehen und grob unsere Ideen wiedergeben, wie eine neue sozialrevolutionäre Bewegung und deren Praxis ansatzweise aussehen könnte.

Zuerst ein paar Worte zu uns und unserer Ausgangslage. Wir begreifen uns als Gruppe die spezifisch zum Thema Klasse arbeitet.

Unser strategischer Ansatzpunkt zielt auf die Schaffung und permanente Ausdehnung proletarischer Autonomie in allen Bereichen des Lebens, daher auf politisch- ideologischen, kulturellen, organisatorischen u.a. Ebenen.

Es geht uns darum, durch die Etablierung eigener revolutionärer Werte, Normen und Strukturen die Gegenmacht von unten Aufzubauen.
Durch das Stärken der eigenen Seite, soll das Kräfteverhältnis zwischen den Klassen dahingehend verschoben werden , dass die Bedingungen für eine offensive soziale Revolution geschaffen werden.
Wir sehen uns dabei nicht als Avantgarde oder Elite die im Auftrag vom revolutionären Subjekt agiert. Wir sind Teil der unterdrückten Klasse und streben eine Selbstorganisierung auf Augenhöhe an. Wenn wir uns den Auswertungstext des „Selber machen“ – Kongresses anschauen, würden wir uns zuerst in der dort formulierten Strömung der Politisierung unseres Alltages verorten. Wobei wir denken das es Falsch ist die anderen beiden Ansätze als Strategie zu benennen. Vielmehr sind es taktische Werkzeuge die im Moment falsch benutzt werden, zumindest hier in der BRD. Wir halten es für falsch, sich nun unter einer neuen Organisation zu sammeln. Dies wäre unserer Meinung nach der 3. vor dem 1. Schritt. Zu mal auch zu fragen wäre, ob die Gründung einer weiteren Organisation erstrebenswert ist. Vielmehr sollte sich doch eine Organisation aus den gemeinsamen Bedürfnissen vieler Gruppen und Personen entwickeln und organisch zusammen wachsen. Unser Gegenvorschlag wäre dementsprechend eine Plattform und eine Formierung als neue sozialrevolutionäre Bewegung.
Wir glauben, anders als einige TeilnehmerInnen des oben erwähnten Kongresses, dass es unumgänglich ist sich auf horizontaler Ebene untereinander zu organisieren und dies in allen Lebensbereichen.

Seien es die Grundbedürfnisse des Menschen wie Essen, Kleidung und ein Dach über dem Kopf oder auch in kulturellen Belangen. Gegen die vertikale Organisierung die das System von Patriarchat, Staat und Kapital uns aufzwingt, muss ein vertikal ausgerichtetes Gegenmodell aufgebaut werden.

Dies denken wir ist Konsens.

Die Entwicklung dieses Gegenmodells muss unserer Meinung nach, von der erwähnten neuen sozialrevolutionären Bewegung ausgehen. Diese Bewegung gilt es gemeinsam aufzubauen. Verschiedene Gruppen mit verschiedenen ideologischen Ausrichtungen müssen zusammen kommen und eine gemeinsame Praxis entwickeln, welche nicht vom Kapitalismus vereinnahmt werden kann.

Es müssen die drei Hauptunterdrückungsmechanismen Sexismus, Rassismus und Kapitalismus unter der herrschenden Ideologie und Ökonomie analysiert werden. Dazu kommt noch der ökologische Faktor der die Menschheit bedroht und als erstes und am massivsten die Ärmsten der Armen trifft und bedroht.

Wir denken gerade in Anbetracht der rasant voranschreitenden Faschisierung auch in der westlichen Hemisphäre, dass wir als Revolutionäre im Herzen der imperialistischen Bestien, unserer Zeit mal wieder hinterherhinken.

Durch die Organisierung als Bewegung im Gegensatz zu einer legalen zentralisierten formellen Organisation, wird es unseren Gegnern außerdem erschwert uns zu zerschlagen.

Wie kann diese Bewegung entstehen?

Wir vertreten die Ansicht, dass die existierende politische Widerstandsbewegung sich unter gemeinsamen Prinzipien sammeln muss und sich innerhalb einer Plattform welche durch diese gemeinsamen Prinzipien definiert ist, unterschiedliche Strukturen, formelle, spezifische und informelle Organisationen/Gruppen, anarchistische und kommunistische Strömungen und Ansätze, ergänzen, gegenseitig befruchten, miteinander diskutieren und sich weiterentwickeln müssen um dadurch der bestehenden Zersplitterung entgegenzuwirken.

Die Aufgabe der Bewegung ist also vordringlich, unsere verschiedenen Kämpfe zu einen und eine Massenbasis zu erlangen. Wir wollen alle Menschen vernetzten die nicht mehr unter der Herrschaft des Patriarchats, Faschismus/Kapitalismus, Kolonialismus/Imperialismus leben wollen.

In der BRD existieren viele gut arbeitende spezifische Gruppen/Organisationen aber es wird sich kaum aufeinander bezogen bzw. es gibt keine gemeinsame Plattform. Dies muss sich ändern, durch die Erarbeitung einer gemeinsamen Grundlage kann eine fortgeschrittene Organisierung erlangt werden. Dabei darf auf keinen Fall versucht werden Andere zu vereinnahmen. Die Akzeptanz der unterschiedlichen Aktionsformen muss eine unserer Grundlagen sein. Aussagen wie nach dem G20 darf es in dieser Form auf keinen Fall wieder geben. Das bezieht sich nicht nur auf die Distanzierungen von den Kämpfen sondern auch auf die Denunziation der verschiedenen Arten von Organisierung.

Jegliche Beteiligung an der bürgerlich parlamentarischen „Demokratie“ lehnen wir grundsätzlich ab. Unser Bestreben geht in die Richtung einer außerparlamentarischen „Opposition“ die alle Spektren des antikapitalistischen Kampfes, alle Aktionsformen anwenden wird bzw. diese solidarisch respektiert.

Des weiteren denken wir, dass die Bewegung für alle Menschen offen stehen muss die sich mit der Plattform identifizieren können. Die Bewegung muss sich auf Grundlage von Einbeziehung und nicht durch Abgrenzung auszeichnen und funktionieren. Die Frage muss sein was uns eint und anhand dieser Punkte muss eine gemeinsame kämpferische Praxis entwickelt werden.

Praxis

Diese Praxis muss sich vor allem an den Orten wo wir kämpfen zeigen. Dies bedeutet für uns zum Beispiel der Aufbau von Rätestrukturen in unseren Umfeldern, dem Haus, der Straße und der Nachbarschaft. Das Entwickeln einer neuen Kollektivität die der Individualisierung des Systems entgegenwirkt und auch existenzielle Themen aufgreift wie z.B. Finanzierung und andere schon erwähnte Bedürfnisse betrachten wir hierfür als sehr wichtig. Aber auch die Aspekte der Selbstverteidigung dürfen nicht nur auf Antifaschismus herunter gebrochen werden.
Über die Praxis an unseren jeweiligen Kampforten müssen wir außerdem zu einer bundesweiten wenn nicht ,wie auch teilweise vorgeschlagenen, europäischen Ebene gelangen auf der unsere Praxis reflektiert und entwickelt werden kann. Einer unserer Gedanken dazu wäre einen weiteren Kongress zu veranstalten, der diesmal aber eine spezifischere Zielsetzung verfolgt und von Menschen durchgeführt wird die eine gemeinsame Plattform anstreben und diese dort ausformulieren könnten. Diese Plattform könnte auch die Keimzelle für eine bundes/europaweite Strategie sein. Generell sind wir der Meinung, dass es auch einen kämpferischen Ausdruckt braucht um wirklich einen kollektiven Bewegungsgedanken, nicht nur bei uns sondern auch bei den Menschen die wir erreichen wollen, zu entwickeln.

Internationalismus

Unserer Ansicht nach muss es eine Dialektik zwischen sozialrevolutionärem und antiimperialistischem Anspruch geben. Es muss also eine Verbindung zwischen den Kämpfen auf der Welt und der konkreten Realität hier vor Ort hergestellt werden.

Wir denken das ein Fokus auf den sozialrevoltutionären Kampf hier in der BRD und Europa gelegt werden muss. Natürlich ist die Unterstützung unserer kämpfenden GenossInnen und aller Unterdrückten der Welt wichtig und notwendig. Aber der Kampf mit den Menschen hier wurde , bis auf wenige Ausnahmen, jahrelang vernachlässigt. Die Menschen vertrauen uns Revolutionären nicht und verstehen uns oft auch nicht. Von daher ist die Arbeit mit den Menschen hier vor Ort unserer Meinung nach von Priorität. Wir wollen nicht falsch verstanden werden, auch wir sind in den antiimperialistischen Kämpfen unserer Zeit verwurzelt und beteiligen uns an ihnen, auch wir lernen zum Beispiel von Kurdistan, der Türkei, Südamerika oder Chiapas. Sowohl von den vermeidlich positiven Eigenschaften als auch von den vermeintlichen Fehlern. Aber die größte Unterstützung die wir leisten können ist der Aufbau eigener revolutionärer Prozesse.

Eine neue Kampfphase beginnen

Unsere Prinzipien haben wir zum größten Teil in diesem Text beschrieben, wie zum Beispiel einen Klassenstandpunkt, Geschlechterbefreiung, das Recht auf Selbstverteidigung, Organisierung auf Augenhöhe und Solidarität um nur einige zu nennen. Wir fordern Euch auf, diesen Text konstruktiv zu kritisieren und uns Eure Vorstellungen und Praxis- bzw. Organisierungsvorschläge zukommen zu lassen oder einen Beitrag zur öffentlichen Diskussion zu formulieren. Wir wollen von Euren Ideen lernen. Lasst uns gemeinsam den Punkt „Mensch müsste dies und das tun“ überwinden. Es ist Zeit zu handeln und wir werden unsere Vorstellungen über revolutionäre Politik, also auch kritisch-solidarische Diskussionen, versuchen in der Praxis umzusetzen und fordern Euch auf uns dies gleich zu tun.

Proletarische Autonomie Magdeburg und Finsterwalde

Nach dem Verfassen dieses Textes ist ein Artikel des LCMagazines http://lowerclassmag.com/2018/04/kongress-der-kommunen/ herausgekommen in dem zu einem neuen Kongress aufgerufen wird. Wir werden uns diesem Aufruf anschließen und fordern alle auf die an einer neuen Organisierung interessiert sind dies auch zu tun.

Knastkämpfe im Italien der 1970er und Anfang der 1980er Jahre- Teil I

Wir veröffentlichen hier den ersten Teil unserer Einführungsreihe in italienische Knastkämpfe der 1970er und 1980er Jahre. Die Textreihe wird nach und nach im GefangenenInfo veröffentlicht und erst nach der Veröffentlichung in dieser, hier Online veröffentlicht.

Mit diesem Text werden wir uns mit der Geschichte der Knastkämpfen in Italien in den 1970er beschäftigen. Dafür werden wir einen kurzen geschichtlichen Überblick über die gesellschaftlichen Entwicklungen geben, deren Klassenkämpfe und Organisierungen, sowie den daraus resultierenden Auseinandersetzungen in den Gefängnissen.

In der Mitte der 1960er Jahren entwickelte sich in den USA ein gesellschaftlicher Aufbruch, der die ganze Welt erfassen sollte, so auch in Italien. Diese Bewegung die in Europa ihren Höhepunkt im Pariser Mai 1968 fand wird heute als ´68er bezeichnet. Durch die Ablehnung des Vietnamkrieges verbreitete sich das Bewusstsein über die Notwendigkeit einer radikalen Gesellschaftskritik, die auf der ganzen Welt unterschiedliche Widerstandsformen hervorbrachte. Die Bewegungen in Aufbruch hatten auch in Italien das gemeinsame Prinzip der Ablehnung von Autorität und Macht der Herrschenden, somit einen gemeinsamen Feind. In den Schulen und Universitäten kritisierten die Schüler und Studenten die Vorurteile der Lehrer, sowie den Aufbau und die Ausrichtung der Lehrpläne und Institutionen. In den Fabriken kämpften die ArbeiterInnen gegen ihre Ausbeutung und verweigerten die Arbeitsnorm. Auch die Rolle der Frau und ihre Bevormundung durch den Mann wurden kritisiert. Die gemeinsamen Ziele aller Teile dieser Bewegung war die Verbesserung der Gesellschaft unter dem Prinzip der Gleichheit und Partizipation von allen an Entscheidungen, der Eliminierung von gesellschaftlicher Unterdrückung und Rassendiskriminierung. Es rebellierten natürlich auch die Gefangenen(die Gefängnisse wurden in Italien noch wie zur Zeit des Faschismus geführt), welche neben Verbesserungen der Knastbedingungen das Recht auf Versammlungen forderten. Sie wollten Kommissionen, welche die gesamte Aktivität in den Gefängnissen überwachen sollten. Es wurden Besuche ohne Einschränkungen gefordert, die Abschaffung der Zensur, das Recht auf sexuelle Beziehungen und vieles mehr.

Es entwickelte sich auch in Italien, was weltweit als „neue linke“ (NEW LEFT) bekannt wurde, eine radikale Linke für die es sehr wichtig war, sich auf die Kämpfe in der dritten Welt zu beziehen, auf die Revolutionen im arabischen Raum, in Asien, Afrika, Süd- und Mittelamerika .

Am 24. Januar 1966 wurde in Trento zum ersten Mal durch Soziologie Studenten eine Italienische Universität besetzt. Die Besetzungen und Proteste häuften sich in ganz Italien. Die Studenten kritisierten die „Barone“, ihre Dozenten und forderten kostenlosen Unterricht für alle (im Besonderen für Jugendliche aus ärmeren Familien). In der Fakultät in Trento war es nicht möglich auch nur einen Kurs durchzuführen da diese dauerhaft besetzt war.

1969 begann eine Welle von großen und kleinen Streiks in den Fabriken, welche sich mit der Bewegung der Studenten verschmolz. Es ging also von Studentenprotesten, die zum größten Teil von den bürgerlichen Medien ignoriert wurden, zu Forderungen der ArbeiterInnen. Die Anwesenheit von jungen ArbeiterInnen an der Seite der StudentInnen charakterisierte die italienische 68er Bewegung. Im Allgemeinen herrschten viel Solidarität und Austausch, weil die StudentInnen verstanden, dass die Lebensbedingungen der ArbeitInnen morgen die ihrigen sein würden.

Ende November 1968 gingen 3000 Landarbeiter auf die Straße, um neue Arbeitsverträge zu fordern. Schon nach zwei Tagen wurden während dieser Auseinandersetzungen 2 Arbeiter ermordet, als die Polizei auf eine Straßenblockade schoss. Vier Monate danach , ging die Bevölkerung in Battipaglia auf die Straße um Arbeitsplätze zu fordern. Während eine Delegation nach Rom ging, um mit dem Wirtschaftsminister zu verhandeln, entwickelten sich in der Stadt Kämpfe mit der Polizei, bei der der Typograf Carmine Citro sowie die Lehrerin Teresa Ricciardi starben.

 

Diese Kämpfe in Battipaglia hatten die Erneuerung von 32 Arbeitsverträgen als Forderung, sowie einheitliche Verträge mit höheren Löhnen und einer Verkürzung der Arbeitszeit. Zum ersten Mal war die Welt der StudentInnen und ArbeiterInnen vereint, seit dem Beginnen der Kämpfe mit einheitlichen Positionen zum Thema Arbeit. Gemeinsam entwickelten sie immer radikalere Auseinandersetzungen, in manche fallen streifen diese sogar den Aufstand wenn man die Fakten und Forderungen analysiert.

Die offiziellen Gewerkschaften wurden durch die radikalen Forderungen und Praxis der autonom arbeitenden Comitati unitari di base CUB (Vereinte Basis Komitees) stark beeinflusst , welche gleiche Löhne für alle FabrikarbeiterInnen forderten, nach dem Prinzip das alle „Magen gleich sind“ ohne Unterschiede unabhängig der Stellung der einzelnen ArbeiterInnen im Betrieb. Der Profit wurde als ein Betrug angesehen, die Effizienz als ein Komplott, aber die Faulheit und Sabotage wurden als berechtigten Schlag gegen die kapitalistische Logik verstanden. In den Fabriken wurde die Stimmung für alle Dirigenten, Vorarbeiter und Anscheißer für diese unaushaltbar, da sie sich eingeschüchtert und bedroht fühlten. Es wurde allgemein mehr „krank“ gefeiert und es häuften sich die Episoden von Sabotage, Einschüchterung und Gewalt gegen Fabrikeigentum, Bosse und Vorgesetzte. Eine dieser Episoden passierten zum Beispiel am 29. Oktober 1969 bei Fiat in Turin. Eine große Gruppe streikender , mit Eisenstangen und Knüppeln bewaffnet , zerstörte die Montagebänder sowie den Karosseriebereich und die Mensa in der Niederlassung Mirafiore.

Anders als in anderen europäischen Ländern ebbte in Italien diese Bewegung nicht ab, sondern es entwickelten sich in den darauf folgenden 20 Jahren intensiver Klassenkämpfe, in denen laut vieler historischer Analysen die Gruppen organisierter ProletInnen den Italienischen Staat nahe an den Bürgerkrieg führten.

Da Staat und Kapital auf die berechtigten Forderungen der Unterdrückten mit Entlassungen und Repressionen bis hin zu staatsterroristischen Massakern antworteten, begannen viele ArbeiterInnen sich in klandestinen und bewaffneten Gruppen zu organisieren und den Kampf gegen Bosse und Unterdrückungsorgane offensiv zu führen.

Eine der berühmtesten Ausdrücke dieser Entwicklung war die Entstehung der Brigate Rosse (Rote Brigaden), welche sich an Lateinamerikanischen Stadtguerillakonzepten wie des „beiße und fliehe“ oder „treffe einen und erziehe tausende“ orientierten, unbeliebte Chefs entführte und diese an den Werkstoren vor Arbeitern zur Schau stellte.

Als der PCI (Italienische kommunistische Partei) 1973 begann ein Projekt der Annäherung an Sozialisten und Konservative durchzuführen, bekannt als „historischer Kompromiss“, betrachteten viele AktivistInnen der Italienische Linken dies als Verrat am Proletariat und der Revolution. Dadurch schlossen sich noch mehr ProletInnen der revolutionären Bewegung an und kämpften gegen das System. Der Weg zum bewaffneten Kampf wurde für viele zu einer konkreten Option.

Die Bewegung theoretisierte die absolute Verweigerung der Arbeit (mit Begriffen wie „Enteignung“, „selbständiges Preisedrücken“, “Besetzung“ und „proletarischer Einkauf“) und hatten die PCI und die offiziellen Gewerkschaften als zusätzliche Feinde.

Doch wie gesagt waren die Roten Brigaden (mit ihren Abspaltungen) nur die größte und am längsten operierende bewaffnete Gruppe. Es entwickelten sich in ganz Italien über den Zeitraum zwischen 1970 und 1980 über 50 bewaffnete Gruppen, die manchmal über Jahre, mal nur mit ein paar Aktionen gegen die Unterdrücker kämpften. Die Themen waren dabei vielschichtig und reichten vom Kampf gegen Heroin in den proletarischen Vierteln, bis hin zu Enteignungen von Banken, um die Revolution zu finanzieren und vieles mehr. Die Italienischen ProletarierInnen ließen es zu dieser Zeit anständig krachen.

Knastkampf ist Klassenkampf

Die Gründe der enormen Intensität der Knastkämpfe im Italien der 1970er Jahre basierten auf vielen Faktoren. Zum einen waren es die unmenschlichen Knastbedingungen, die seit dem Faschismus herrschten, zum anderen waren es die Freiheitsideale, welche die 68er- Bewegung in der Gesellschaft verankert hatte. Diese ergriffen nämlich auch die Gefangenen, wodurch sie die kapitalistische Gesellschaft, die sie in Gefängnisse steckte erst hinterfragten dann bekämpften.

Viele Verhaftete der kämpfenden Gruppen brachten zusätzlich ein stark artikuliertes Klassenbewusstsein hinter die Mauer und eine Bereitschaft für die Organisierung und den Kampf. Hier trafen sie auf all jene, die in der Kriminalität die Flucht vor den Lebensbedingungen fanden, die der Kapitalismus für sie vorgesehen hatte, oder einfach gezwungen waren illegal zu leben.

Daraus entwickelten sich Selbstorganisierungen, mit denen sich die Gefangenen selbst bildeten, aber auch schützten und Aufstände planten bzw. durchführten. Zwei der größten Aufstände waren die auf der Gefängnisinsel Asinara (das erste Knastprojekt um die revolutionären Gefangenen zu brechen), sowie der im Sondergefängnis in Trani, am 29. Dezember 1980. Dieser Aufstand wurde durch bewaffnete Sondereinheiten von Polizei und Militär beendet. Diese misshandelten nicht nur die Gefangenen, sondern schlugen auch die als Geiseln gehaltenen Wärter.

Die ersten Massenkämpfe von Gefangenen ereigneten sich im April 1969. Diese hatten sich bereits seit 1967 durch isolierte und friedliche Mobilisierungen angekündigt (Sitzblockaden, passiver Widerstand, Arbeitsverweigerungen, Hungerstreikes …etc.) und explodierten dann in den meisten Knäste auf der ganzen Halbinseln, von Turin über Palermo bis nach Mailand, Genua, Florenz, Rom und Neapel.

Zu dieser Zeit war es für neue Insassen, wenn sie die Gefängnisse betraten als würden sie eine Zeitmaschine betreten. Draußen die Zeit des ökonomischen Booms der 1960er und 1970er, im Gegensatz dazu das mittelalterliche Knastregime. Das ist auch der Grund warum die Kämpfe in den Knästen der großen Metropolen explodieren.

Die auf die Zerstörung der Knäste 1969 folgende Aufteilung der daran beteiligten Gefangenen auf andere Knäste, führte zu einem Austausch unter Gefangenen über Lebenserfahrungen und Kampfmodelle in den Kerkern des ganzen Landes.

 

Die Gefangenen, die am meisten diese Kampferfahrungen vorantrieben waren die extralegalen ProletarierInnen aus den urbanen Zentren, ProletInnen die schon die organisatorischer Veränderung der Extralegalität bedingt durch die 68er Bewegungen verinnerlicht hatten. Die kleine Bande gleichwertiger Mitglieder war die neue Form ihrer Zusammenschlüsse, anders als die Strukturen der Mafia.

Da die Lebensbedingungen in den Gefängnissen miserabel waren basierten die Forderungen auf konkrete Verbesserung eben dieser, wie der Kampf gegen die Disziplinierungen, für menschenwürdiges Essen und andere Formen des sozialen Lebens drinnen sowie nach außen. Als ein Beispiel für diese Kämpfe wäre 1969 Turin zu nennen. Die Gefangenen besetzten 2 Tage den Knast und zerstörten diesen vollständig, was zur Aufteilung aller Gefangenen (über 1200) führte. Hintergrund dieser Auseinandersetzung waren die dort üblichen 4 Stunden Aufschluss am Tag, welche wegen den Öffnungs- und Schließungsprozeduren der Zellen real nur 3 Stunden betrugen. Außerdem war es nicht erlaubt Lebensmittel von außen zu erhalten, Karten zu spielen, Zeitungen zu kaufen und selbst zu kochen. Die ganzen Verbote begünstigten natürlich den „Schwarzmarkt“ innerhalb der Mauern, woran vor allem die Schließer gut verdienten. Ein Ergebnis dieses Kampfes war unter anderem die Zulassung der kleinen Campingkocher, die Jahre später in allen italienischen Knästen weit verbreitet waren.

 

Fortsetzung folgt