In diesem Januar jährt sich bereits zum 101. Mal die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, den Gründer*innen der KPD. Ihre Mörder rekrutierten sich aus ultrareaktionären Freikorps im Dienste des deutschen Kapitals. Diese paramilitärischen Gruppen aus ehemaligen Soldaten, reaktionären Studenten und anderen Freiwilligen wurden durch die ehemalige Oberste Heeresleitung und der sozialdemokratischen Regierung zur Bekämpfung der im Zuge der Novemberrevolution 1918 erstarkenden kämpferischen proletarischen Bewegung aufgestellt. Angetrieben von fanatischem Antikommunismus, Nationalismus und Antisemitismus wurden die Freikorps als Fronttruppen gegen die proletarischen Aufstands- und Streikbewegungen der Jahre 1918 bis 1920 eingesetztund ermordeten noch viele weitere Menschen. Sie vergossen neben dem Blut von Luxemburg und Liebknecht auch das von vielen weiteren Genoss*innen und Kämper*innen.
Vor 100 Jahren, im Jahr 1920, waren es wiederum die Angehörigen der Freikorps,die, gemeinsam mit aktiven Reichswehrangehörigen und unter Führung der Generäle Walther von Lüttwitz und Erich Ludendorff, sowie des reaktionären Staatsbeamten Wolfgang Kapp, in Berlin die sozialdemokratische Regierung zu stürzen versuchten. Der sogenannte Kapp-Putschversuch scheiterte nach wenigen Tagen am Widerstand des Proletariats, welches im gesamten Reich in den Generalstreik trat und seinerseits bewaffnete Verbände gegen die Putschisten aufstellte.
Nach der Niederschlagung des Putsches gingen die Freikorps entweder in den offiziellen Strukturen der Reichswehr oder in neuen proto-faschistischen Organisationen, wie dem „Stahlhelm“ oder der „Organisation Consul“ auf, welche im Verlauf der Weimarer Republik auch weiterhin ihre Praxis der Ermordung von Aktivist*innen der Arbeiter*innenbewegung, sowie auch von bürgerlichen Demokrat*innen, fortsetzten und den bewaffneten Putsch zur Errichtung einer faschistischen Herrschaft planten. So ist es wenig verwunderlich, dass sich die Angehörigen der Freikorps später vielfach in den Reihen der NSDAP und ihrer paramilitärischen Verbände SA und SS wiederfanden. Mit der Machtübertragung an die NSDAP im Jahr 1933 wurden die Träume der reaktionären (Para-)Militärs schließlich verwirklicht.
Kontinuitäten nach 1945
Auch nach dem Sturz der faschistischen Herrschaft in Deutschland im Jahr 1945 blieben die Faschist*innen und ihre Unterstützer*innen in Kapital, Regierung, Militär und Geheimdiensten nicht untätig. In der Bundesrepublik gründete der ehemalige Wehrmachtgeneral und überzeugte Faschist Reinhard Gehlen mit weiteren ehemaligen Wehrmachtangehörigen und Faschist*innendie „Organisation Gehlen“ – den Vorläufer des BRD-Auslandsgeheimdienstes BND. Die „Organisation Gehlen“, sowie der durch ehemalige Gestapo-Angehörige gebildete Verfassungsschutz, lieferten auch logistische Unterstützung für faschistische Strukturen welche laut Gladio-Konzept der NATO als irreguläre militärische Verbände gegen einen möglichen Angriff der Sowjetunion eingesetzt werden sollten. Diese paramilitärischen Verbände waren gleichzeitig als Stoßtrupp gegen die Arbeiter*innenbewegung und ihre Organisationen bzw. gegen eine mögliche „kommunistische Machtübernahme“ als letztes Aufgebot des Widerstands gedacht. Überall wo in Westeuropa die Arbeiter*innenbewegung, vor allem im Zuge der antiautoritären Sozialrevolte nach 1967/68, ihr Haupt erhob und zum Angriff auf die kapitalistischen Verhältnisse und für die Revolution überging, standen bewaffnete faschistische Gruppen bereit um im Dienste der herrschenden kapitalistischen Eliten und ideologisch, politisch, ökonomisch und logistisch unterstützt durch willige Helfer*innen und Gesinnungsgenoss*innen in Staats- und Geheimdienststrukturen, den Bluthund zu spielen.
Auf das Konto von „Gladio“-gestützten Strukturen gehen mehrere Massaker. So gibt es Indizien für die Involvierung in das Oktoberfestattentat 1980 in München mit 12 Toten und Hunderten Verletzten. Im selben Jahr fand das Attentat auf den Hauptbahnhof von Bologna mit 85 Toten und wiederum Hunderten Verletzten statt. Oder bereits im Jahr 1969 der Anschlag auf dem Vorplatz der Banca Nazionale dell’Agricoltura in Mailand mit 17 Toten. Ziel dieser Angriffe war es erklärtermaßen, ein gesellschaftliches Klima der Angst vor Kommunismus und „Linksterrorismus“ zu erzeugen und den Weg für eine erneute offen-faschistische Machtübertragung zu ebnen.
Kein europäisches Phänomen
Auch in den Ländern des Trikonts, den ehemaligen Kolonien und heutigen Halbkolonien in Afrika, Asien und Mittel- sowie Südamerika, greifen die Regierungen, Lobbys Konzerne Eliten der imperialistischen Länder und ihre (Staats-)Apparate in vielen Fällen auf reaktionäre, bis faschistische Gruppen vor Ort zurück. Dabei geht es diesen Netzwerken der Elitenaus dem globalen Norden immer um die Absicherung ihrer ökonomischen Interessen, ihres Einflusses und ihrer Profite. Neben anderen Methoden (Militärinterventionen, wirtschaftliche Sanktionen und Blockaden etc.) wurden dafür schon immer auch auf mit Geheimdiensten, Polizei- und Militäreinheiten verbundene paramilitärische Gruppen und Strukturen zurückgegriffen.
Diese Strukturen, aufgebaut und finanziert zum Teil direkt durch Geheimdienste aus den imperialistischen Ländern wie der CIA, oder indirekt durch lokale staatliche Strukturen oder via „Menschenrechtsorganisationen“, führen im Dienste oder zumindest mit dem Wohlwollen der Imperialist*innen jene Art von „schmutzigen“ Kriegen, welche nicht mit den Mitteln der „offiziellen“ Kriegsführung durchgeführt werden können. Diese Kriege werden gegen die Ausgebeuteten und Unterdrückten (Arbeiter*innen, Bäuer*innen, Arme und Deklassierte, Indigen@s usw.) und ihre Bewegungen und Organisationen geführt. Die eingesetzten Mittel reichen vom berüchtigten „Verschwinden lassen“, über gezielte Mordanschläge auf Einzelne bis hin zu Massakern an ganzen Dörfer.
So unterstützt und finanziert der türkische Staat beispielsweise seit Jahren islamischfundamentalistische Parteien, Millizen und Strukturen in Syrien, darunter auch den so genannten „Islamischen Staat“, um diese gegen die kurdische Selbstverwaltung in Rojava/ Nordsyrien einzusetzen. Auch deutsche Waffenlieferungen unterstützten die kürzlich erfolgte Militärintervention. Im vom türkischen Staat beherrschten Nordkurdistan werden bereits seit vielen Jahren gezielt nationalistisch gesinnte Türk*innen angesiedelt und innerhalb des „Dorfschützersystems“ auch bewaffnet, um. Diese Strukturen werden dann gegen die kurdische Bewegung, sowie revolutionäre Strukturen in der Türkei aktiv zu werden iert. Ein ähnliches System fand beispielsweise auch in Peru Anwendung, wo der Staat in den 80er und 90er Jahren, besonders unter dem Diktator Alberto Fujimori „Wehrdörfer“ errichtete und Teile der lokalen Bevölkerung mit Waffen versorgte, um die Guerilla und die mit ihr sympathisierende indigene Landbevölkerung zu bekämpfen.
In den vom Vereinigten Königreich besetzten, nördlichen Provinzen Irlands waren über Jahrzehnte paramilitärische Gruppen wie die „Ulster Volunteer Force“ oder die „Ulster Defence Association“ aktiv. Diese rekrutierten sich oft aus ehemaligen Angehörigen der britischen Streitkräfte und führten nicht nur einen bewaffneten Konflikt gegen die, für die Einheit Irlands kämpfende IRA, sondern war auch für blutige Massaker an der katholischen Bevölkerung verantwortlich. Ein weiteres traurig-berühmtes Beispiel für das Vorgehen der Konterrevolution findet sich in Kolumbien: . Auch Hier unterstützt der Staat die eng mit den lokalen Drogenkartellen verknüpften Paramilitärs, beispielsweise die „Autodefensas Unidas de Colombia“, welche gegen die linken Guerillaorganisationen FARC und ELN kämpfen und für unzählige Massaker, sowohl an Gueriller@s, als auch an der Zivilbevölkerung verantwortlich sind. Gerade in faschistischen Staaten wurden solche halbmilitärischen Formationen oft auch in offizielle staatliche Strukturen eingegliedert, so beispielsweise die SS im faschistischen Deutschland oder die Guardia Civil im spanischen Staat unter Franco. Letztere tut sich im übrigen auch im heutigen, „demokratischen“ spanischen Staat durch besondere Brutalität im Kampf gegen revolutionäre Bewegungen hervor.
Es ließen sich hier viele weitere Beispiele aus den Philippinen (Marcos und aktuell: Duterte), Chile (Pinochet), Argentinien (Videla), Griechenland (Papadopoulos), Afghanistan (Taliban und Al-Quaida, sowie sämtliche mexikanische Regierungen anführen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie stets mit internen (der oligarchischen, neokolonialen Eliten) und externen (der multinationalen Konzerneliten und wechselnder imperialistischen Regierungen) Kräften diese Interessen mit allen Mitteln schützen.
Auch in Deutschland: Staat und Neofaschist*innen Hand in Hand
Doch auch im deutschen Staat ist die Verstrickung von bewaffneten faschistischen Strukturen und Mitarbeiter*innen staatlicher Apparate in Form der Geheimdienste keine Sache der Vergangenheit. Deutlich wird dies zum Beispiel an der gängigen V-Mann-Praxis des Verfassungsschutzes. Faschist*innen erhalten hier Geld für ihre Spionagedienste, welches in den meisten Fällen für den weiteren Aufbau eben jener Strukturen genutzt wird. Doch nicht nur staatlich bezahlte Faschist*innen, sondern auch ihre Anleiter*innen aus dem Geheimdienst selbst finden sich zum Teil genau dort, wo bewaffnete faschistische Gruppen zuschlagen – siehe den Verfassungsschützer Andreas Temme am Tatort des NSUMordes an Halit Yozgat.
Auch an anderer Stelle finden sich Angehörige staatlicher Strukturen der BRD in faschistischen Zusammenhängen. So zum Beispiel Oder auch der 2017 enttarnte Faschist und Bundeswehr-Oberleutnant Franco Albrecht, der sich als syrischer Geflüchteter ausgab um unter dieser Identität Anschläge zu verüben. Ein Vergleich mit der „Strategie der Spannung“, der zentralen Strategie von Gladio und faschistischen Gruppen in den 70er Jahren, drängt sich geradezu auf.
2018 gab es erstmals Berichte über das sogenannte „Hannibal-Netzwerk“ – ein Online-Netzwerk von faschistischen Angehörigen von Bundeswehr, Polizei, Geheimdiensten, Justizapparat und des Vereins „Uniter“ (Netzwerk von ehemaligen Angehörigen verschiedener bundesdeutscher „Sicherheitskräfte“ dessen Mitglieder zum Teil weltweit als Söldner an bewaffneten Konflikten beteiligt sind). Dieses bereitete sich auf einen kommenden „Tag-X“, als bevorstehender bewaffneter Auseinandersetzungen innerhalb Deutschlands, vor und legte zu diesem Zweck bereits Vorrats- und Waffenlager an, bevor nach diesen Veröffentlichungen zumindest Teile des Netzwerkes von offiziellen, nicht faschistischen staatlichen Stellen zerschlagen wurden.
Diese faschistische Aufrüstung wird auf parlamentarischer Ebene flankiert durch eine immer stärker werdende AfD. Diese sitzt bereits in allen bundesdeutschen Landesparlamenten, sowie dem Bundestag und strebt sowohl auf Landes- als auch perspektivisch auf Bundesebene die Regierungsbeteiligung an. Doch auch ohne eine faschistische Partei an der Regierung verschieben sich gesellschaftliche Diskurse, wie auch konkrete Maßnahmen von Seiten der Regierenden in der BRD immer weiter nach rechts: Hetze gegen Geflüchtete, die wieder zunehmende Kriminalisierung linker und revolutionärer Zusammenhänge (bspw. Die Forderung nach einem Verbot der Roten Hilfe von Innenminister Horst Seehofer), die Verbrechen an den Mauern der Festung Europa gegen flüchtende Menschen, das Zementieren der politischen und ökonomischen Vormachtstellung des deutschen Kapitals auf europäischer Ebene durch die EU, das Verlangen nach eigenständigen bundesdeutschen Kriegseinsätzen, die Aufrüstung im Inneren – unter anderem durch die neuen Polizeigesetze in den meisten Bundesländern… Diese Liste ließe sich noch lange fortführen.
Der Hegemoniekampf zwischen bürgerlich-liberalen und proto-faschistischen Teilen des Bürgertums durchzieht den Staatsapparat und findet seinen politischen Ausdruck in der Stärkung der AfD. Wie dieser Hegemoniekampf ausgeht ist entscheidend für unsere Ausgangslage als revolutionäre Linke. Die Häufung des Auftretens (proto-)staatsterroristischer Netzwerke und das Gehäufte Auftreten faschistischer Anschläge (zum Beispiel in Kassel oder Halle) sind Ausdruck davon, dass sich hier eine politische Verschiebung zu unseren Ungunsten anbahnt. Für uns als revolutionäre Linke und Antifaschist*innen bedeutet dies, damals wie heute, diesen Verhältnissen den Kampf anzusagen!
Darum: Im Geiste Rosa Luxemburgs, Karl Liebknechts und aller anderen Gefallenen revolutionärer Kämpfe weltweit, schließt euch dem antifaschistisch-internationalistischen Block auf der Luxemburg-Liebknecht-Demonstration an!
Kampf dem Staatsterrorismus!
Kampf dem Faschismus! Hoch die internationale Solidarität! Es leben unsere Gefallenen!
Für ein Leben in Würde und Solidarität!
Solidaridad Antirrepresiva Berlin
Solidaritätsbündnis Kurdistan Magdeburg
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