Aufruf zum Internationalistischen Block auf der Demo gegen die Innenministerkonferenz
Am 28.11.2018 treffen sich die Innenminister der Länder und der Bundesinnenminister Horst Seehofer zur jährlichen Innenministerkonferenz. Bei diesem Treffen werden diestrategischen Leitlinien und die taktischen Mittel zur Herrschaftssicherung nach Innen besprochen. Dieses Jahr steht das Treffen unter besonderer Brisanz, weil die bundesweite Einführung verschiedener neuer Polizeigesetze ansteht.
Nach dem Vorbild des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes fertigen die Landesregierungen eigene neue Polizeigesetze an. Diese tragen in den jeweiligen Bundesländern unterschiedliche Namen, haben aber alle den gleichen Grundinhalt, nämlich eine massive Erweiterung des Handlungsspektrums der Polizei. Konkret wird mit dem Begriff der „drohenden Gefahr“ gearbeitet. Dadurch ist es der Polizei möglich ohne externe Kontrolle massive Maßnahmen gegen angebliche „GefährderInnen“ durchzuführen. Dies beinhaltet unter anderem: V-Leute ohne Verdacht in Chats einschleusen; ohne jeglichen Verdacht auf konkrete Straftaten gegen Menschen ermitteln; ohne nennenswerte Hürden nicht nur private Hardware durchsuchen, private Kommunikation überwachen, sondern auch Post beschlagnahmen; private Daten nicht nur durchsuchen und speichern, sondern auch löschen und verändern; Personen grundlos einen anderen Wohnort zuweisen oder sie ohne richterliche Genehmigung und ohne PflichtverteidigerIn bis zu drei Monate lang in „Vorbeugehaft“ nehmen.
Es zeigt sich, dass die Fassade der bürgerlich-parlamentarischen Demokratie immer weiter bröckelt. Die Herrschenden gehen zur offenen Unterdrückung über undfaschisieren ihren Staatsapparat immer weiter. Damit setzt sich ein Trend der zunehmenden Repression und Kriminalisierung gegen fortschrittliche Kräfte fort, der in der Tradition von KPD-Verbot, Rasterfahndung, „Radikalenerlass“ oder den Willkürparagraphen 129a und 129b steht.
Neben der gezielten Verfolgung vom entschlossenen Widerstand gegen das kapitalistische System und Organisierungsansätzen steigert sich parallel dazu auch die Repression gegen alltägliche Kleinstdelikte wie Schwarzfahren, Diebstahl und „Betrug“ beim Amt, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Repression gegen unsere Klasse produziert damit tausende von sozialen Gefangenen.
Diese gesamte Entwicklung ist kein deutscher Einzelfall. Ähnliche Entwicklungen sehen wir in Frankreich und den meisten anderen kapitalistischen Ländern. Die Herrschenden bereiten sich auf die Verschärfung der innerimperialistischen Konflikte vor. Die Aggression nach Außen wird begleitet von der Millitarisierung nach Innen. Weltweit liefern sich die imperialistischen Staaten einen erbitterten Konkurrenzkampf um Absatzmärkte, Rohstoffe und geopolitischen Einfluss. Die Folgen für die Menschen unserer Klasse in den betroffenen Gebieten sind verheerend. Gleichzeitig wächst jedoch auch der Widerstand gegen Krieg, Ausbeutung und Unterdrückung und es formiert sich die Solidarität der Menschen auf internationaler Ebene. Genau diese internationale Solidarität und die Verbindung der sozialen Kämpfe Europas mit denen im Rest der Welt soll nun im Keim erstickt werden.
Hier in der BRD besteht durch die Präsenz von MigrantInnen und Geflüchteten ein besonderes Potenzial zur Vernetzung und Weiterentwicklung der Kämpfe. Die Verfolgung fortschrittlicher und revolutionärer, migrantischer Strukturen hat in der BRD eine lange Tradition, besonders derer aus der Türkei und Kurdistan. Beispiele sind das 25-jährige Verbot der PKK oder das 20-jährige Verbot der DHKP-C. Ein weiteres Repressionsinstrument der BRD ist der Gesinnungsparagraph 129a und b, wobei der §129b speziell für migrantische Strukturen geschaffen wurde. Der Großteil der politischen Gefangenen in Deutschland hat einen Migrationshintergrund und ist nach diesem Paragraphen verurteilt und angeklagt. Dabei werden zumeist legale Vereinsaktivitäten kriminalisiert und als Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ausgelegt. Ein besonderes Beispiel aus der jüngsten Zeit ist der §129b Prozess gegen die in der BRD nicht verbotene marxistische Organisation TKP/ML in München.
Die türkische Regierung wird aber nicht nur ideologisch und hier vor Ort durch Repression unterstützt, sie erhält zudem ganz praktische Unterstützung in Form von Waffenexporten und Finanzhilfen. Auch nachdem aufgrund des öffentlichen Drucks die offiziellen Waffenexporte zurückgegangen sind, wird mittels Lizenzen zur Waffenherstellung und gemeinsamen Rüstungsprojekten vor Ort fleißig die Kriegsmaschinerie der Türkei unterstützt. Dies macht die BRD zum Kriegspartner der Türkei in ihrer Aggression gegen die Revolution in Rojava, den anderen Teilen Kurdistans sowie bei der Bekämpfung der fortschrittlichen Kräfte in der Türkei.
Eine solche Politik ist immer nur mittels Manipulierung der öffentlichen Meinung und der Verbreitung von reaktionären Ideologien möglich. Darum werden hierzulande gezielt faschistische und faschistoide Kräfte gefördert und beschützt, um ein Klima der Angst und des nationalen Chauvinismus zu schüren. Der nicht-aufgeklärte NSU-Komplex, das Verharmlosen der AfD und die mediale Propagierung von Ressentiments gegenüber MigrantInnen sind dabei nur einige Beispiele.
Doch trotz alldem ist der kämpferische Widerstand nicht totzukriegen. In Rojava organisiert sich die Bevölkerung selbst und führt unter anderem einen heldenhaften Guerillakrieg gegen die türkische Besatzung in Afrin. In der Türkei selbst kämpfen verschiedene fortschrittliche und revolutionäre Kräfte gegen die faschistische Ausbeutungs- und Unterdrückungspolitik des Erdogan-Regimes. International sind im letzten Jahr Millionen von Frauen zum 8. März in den Streik getreten, um sich gegen den patriarchalen Normalzustand zu wehren. In Lateinamerika und Australien kämpfen die indigenen Bevölkerungen gegen die Assimilation ihrer Kulturen und gegen den Rassismus. In Asien kämpfen die ArbeiterInnen gegen Ausbeutung, Leistungszwang und Arbeitshetze durch ausländische wie einheimische Kapitalisten, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen.
Auch hier in den europäischen Staaten wird Widerstand geleistet. Die ökologischen Kämpfe gegen Großindustrieprojekte und den Raubbau an der Natur nehmen immer mehr Massencharakter an. Der Widerstand der griechischen Bevölkerung gegen die Troika entfaltet sich seit Jahren in vielfältigen Formen. Die Kämpfe in Frankreich gegen den Ausnahmezustand und die französische Version der Agenda 2010 haben die Menschen zu Hunderttausenden auf die Straße gebracht. In der BRD kam es zum Aufstand gegen den G20-Gipfel in Hamburg und in Leipzig hat sich die Belegschaft von Halberg Guss zu einem der kämpferischsten Streiks in Ostdeutschland seit dem Ende der DDR zusammengeschlossen. Dies sind einige ermutigende Beispiele eines sich neu entwickelnden Bewusstseins für die eigene Unterdrückung; sei es die patriarchale Unterdrückung der Frauen*, die Ausbeutung der ArbeiterInnen und Arbeitslosen oder der offene und verdeckte Rassismus gegen People of Colour.
Dieses Bewusstsein muss sich – um Schlagkraft zu entwickeln – auch organisatorisch widerspiegeln. Dazu muss die politische Widerstandsbewegung aus ihrer Isolation herauskommen und sich in die sozialen Kämpfe in der Gesellschaft einbringen. Ein kleiner Beitrag hierzu sind die Proteste gegen die Innenministerkonferenz.
Deshalb organisieren wir den Internationalistischen Block auf der Anti-IMK-Demonstration am 24.11.2018 um 14 Uhr am Hauptbahnhof in Magdeburg.
Denn der Kampf um Befreiung bleibt international!
Reiht euch ein und zeigt, dass wir staatlicher Repression, nationalistischer Spaltung und alltäglicher Ausbeutung unseren Widerstand entgegensetzen werden.
Hoch die internationale Solidarität!
Unterzeichnende Gruppen:
Solidaritätsbündnis Kurdistan – Magdeburg
Proletarische Autonomie Magdeburg/Finsterwalde
Netzwerk Freiheit für alle politischen Gefangenen